„Die geliebten Schwestern“ von Dominik Graf


In 170 Minuten schildert Graf die Beziehung zwischen Schiller (Florian Stetter) und den Schwestern Charlotte von Lengefeld (Henriette Confurius) und Caroline von Beulwitz (Hanna Herzsprung). Foto: Senator Film

In 170 Minuten schildert Dominik Graf die Beziehung zwischen Schiller (Florian Stetter) und den Schwestern Charlotte von Lengefeld (Henriette Confurius) und Caroline von Beulwitz (Hanna Herzsprung). Fotos: Senator Film

Vom Gestern und Heute der Liebe

Vor wenigen Jahren veröffentlichte die Soziologin Eva Illouz im Suhrkamp Verlag ein pinkes Buch mit dem etwas unglücklichen Titel ´Warum Liebe weh tut´. Auf knapp 450 Seiten beschreibt die Autorin hier jene Diskrepanz der Moderne, in der die Vorstellung der romantischen Liebe mit dem gleichzeitigen Ökonomisieren von Paarbeziehungen kollidiert. Konkret meint das zum Beispiel die Verbandlung durch Partnerbörsen im Internet, über die der Marktwert des Einzelnen hinsichtlich Attraktivität, Bildung und Status eruiert und mit anderen Kandidaten verglichen wird. Solche Mechanismen reetablieren laut Illouz ein längst verblichenes Regelwerk bei der Partnerwahl, was insofern tragisch ist, als dass es dem Mythos von wahrhaftigen romantischen Gefühlen, von frei gewählter Liebe, zuwiderläuft.

Spult man nun etwas zurück, etwa zum Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert, wird deutlich, dass das oben beschriebene Missverhältnis zwischen Gefühls- und Zweckverbindung damals schon gegeben war. Allerdings wich die Wahrnehmung dahingehend ab, als dass Vernunftsehen dem gesellschaftlichen Ideal entsprachen, während das Zusammensein aus Liebe nicht nur als nachrangig, sondern auch als sehr seltenes Phänomen beurteilt wurde. In diese Zeit, als Jane Austen mit ‚Stolz und Vorurteil‘ die Idee der Liebe über Standesdünkel und Konventionen hinweg trug, fallen auch die Erwachsenenjahre des Schriftstellers Friedrich Schiller.

Weiterlesen: Werben möchten wir für die Beiträge der geschätzten Kollegen von epd-film.de, die „Die geliebten Schwestern“ zum Film des Monats August gekürt haben und sich ausführlich dem Schaffen des Regisseurs widmen. Besonders lesenswert: Der Beitrag „Wie machen Sie das, Herr Graf?„, indem zum Beispiel Filmkritiker Georg Seeßlen oder die Regisseure Christian Petzold und Christoph Hochhäusler das Werk des Filmemachers aus verschiedenen Blickwinkeln analysieren.

Diesen Jahren hat Dominik Graf nun den Spielfilm „Die geliebten Schwestern“ gewidmet, in dem Schiller zwar eine wichtige Figur ist, aber nicht die wichtigste. In 170 Minuten schildert Graf die Beziehung zwischen Schiller (Florian Stetter) und den Schwestern Charlotte von Lengefeld (Henriette Confurius) und Caroline von Beulwitz (Hanna Herzsprung), beide Abkömmlinge einer inzwischen verarmten Adelsfamilie. Während Caroline bereits in eine Vernunftsehe mit dem Freiherrn von Beulwitz eingewilligt hat, ist die jüngere Charlotte noch auf der Suche nach einem standesaufwertenden Pendant. Schiller, ein damals als mittelständischer Bildungsbürger eher unpassender Kandidat, verbringt einen Sommer mit den Schwestern auf dem Anwesen in Rudolstadt. Am Ende dieser gemeinsamen Zeit hat er sich in beide verliebt. Die Ehe mit Charlotte kommt trotz Klassendifferenzen zustande, mit Caroline entwickelt sich zeitgleich eine stürmische Affäre.

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