„I Used To Be Darker“ von Matt Porterfield


Szene aus "I used to be Darker" von Matt Porterfield. Foto: Berlinale.

"I Used To Be Darker": Konfliktdramaturgie jenseits von bitterbösen Rosenkriegen. Foto: Berlinale.

(Keine) Musik zum Davonlaufen

You’re only 19 for God’s sake„, sangen schon The Long Blondes und behielten damit Recht. Mit 19 hat man gerade das Abitur in der Tasche, man dümpelt mit dem abgelegten Opel Corsa der Eltern durch den Heimatort und macht am Ende des Sommers mit dem Freund aus der Oberstufe Schluss, weil das Studium einen in die große weite Welt hinauszieht. Überaus klassisch, aber deshalb nicht minder herausfordernd, wenn man plötzlich so tun muss, als wäre man erwachsen und könne Verantwortung übernehmen. Tröstlich bleibt wohl für deutsche flüggegewordene Teenager, dass sie ihr Schicksal weltweit mit anderen angehenden Twens teilen und dass ein letztes Mal Scheiße bauen zum Erwachsenwerden irgendwo dazugehört.

Taryn (Deragh Campbell) aus Nordirland hat für ihr akutes Problem auch keine Lösung parat und beschließt, dass Davonlaufen nicht die schlechteste Idee ist. Frisch geschwängert von ihrem Freund, der natürlich keine Ahnung hat, fliegt sie tausende Meilen nach Baltimore, um ihre gleichaltrige Cousine Abby (Hannah Gross) und deren Singer-/Songwriter-Eltern zu besuchen. Dort angekommen, platzt sie in die Ehekrise von Kim (Kim Taylor) und Bill (Ned Oldham), in der Abby entweder Spielball und Puffer ist oder die meiste Zeit sich selbst überlassen wird. Scheidungskinder wissen, wie ätzend das ist. Angenehmerweise entschied sich Regisseur Matt Porterfield („Putty Hill„) mit „I Used to Be Darker“ aber für eine Konfliktdramaturgie jenseits von bitterbösen Rosenkriegen, prügelnden Arschloch-Vätern und saufenden Rabenmüttern.

Als Kim von ihren Bandkollegen, inklusive neuem Lover, das gesamte Arsenal an Instrumenten und Equipment im gemeinsamen Haus abholen lässt, ist das schon die größte Gemeinheit und so bleibt Bill nur noch eine Gitarre, die er ein letztes Mal mit sympathisch-wehleidigen Klageliedern bearbeitet, bevor er sie zu Kleinholz verarbeitet. Abby und Taryn kriegen davon nicht viel mit und auch wenn beide mit der Schwere ihrer jeweiligen Situation zu kämpfen haben, umgibt sie mit ihrer jugendlichen Naivität doch eine spürbare Leichtigkeit, die sich wie das sommerliche Surren von Maryland durch den Film zieht.

Alle Beteiligten wissen, dass es irgendwie weitergehen wird und weitergehen muss. Bis raus ist, wie das am besten funktioniert und bis Taryn sich schließlich doch im weit entfernten Irland ihren Problemen stellt, wird noch ein bisschen Musik gemacht. Man mag das gefühlsduselig finden, wenn Kim gegen Ende des Films noch mal die Klampfe zur Hand nimmt und ihren Zuhörern ein Ständchen über ihre Innenwelt bringt. Ein ähnliches Szenario hat vermutlich schon bei „Juno„-Zuschauern vor ein paar Jahren einen latenten Brechreiz heraufbeschworen. Aber mal ehrlich, so ist eben der Indie-Film und so weit weg vom wirklichen Leben ist das auch nicht, weil sich Kummer mit Kitsch ganz gut kurieren lässt. Wer noch nie zu einem Schmalzsong in sein Kopfkissen geheult hat, werfe den ersten Stein.

Alina Impe

I Used To Be Darker„, Regie: Matt Porterfield, Darsteller: Deragh Campbell, Kim Taylor, Ned Oldham, Hannah Gross, Kinostart: 9. Januar 2014