„The Second Game“ von Corneliu Porumboiu


Regisseur Corneliu Porumboiu und sein Vater schauen sich ein Fußballspiel an, das 1988 durch den Vater angepfiffen wurde. Foto: Berlinale

Regisseur Corneliu Porumboiu und sein Vater schauen sich ein Fußballspiel an, das 1988 durch den Vater angepfiffen wurde. Foto: Berlinale

Spiel der Konjunktive

Dezember 1988, ein wichtiges Fußballspiel, sowohl im sportlichen als auch im politischen Sinne. Steaua Bukarest und Dinamo Bukarest sind nicht nur die zwei besten Clubs im kommunistischen Rumänien, sie vertreten auch zwei herrschende Klassen in Nicolae Ceaușescus rot angestrichener Diktatur. Steaua ist das Team der Armee, Dinamo steht der Securitate, dem gefürchteten rumänischen Geheimdienst, nahe. Den undankbaren Job des Schiedsrichters übernahm an diesem verschneiten Dezembernachmittag Adrian Porumboiu, Vater des Regisseurs Corneliu Porumboiu. 25 Jahre später schauen Vater und Sohn das Spiel gemeinsam. Das original Filmmaterial sowie deren Kommentare fügen sich zu dem Film „The Second Game„, der im Forum der Berlinale gezeigt wird.

Ein riskantes Filmprojekt, das wissen auch die Organisatoren der Berlinale. Im Programmtext versprechen sie deshalb einen Film der Konjunktive: „Was, wenn das Spiel ein Jahr später stattgefunden hätte? Was, wenn der Ball nicht die Latte getroffen hätte? Was, wenn der Schiedsrichter dem Druck von Seiten der Clubpräsidenten nachgegeben hätte? Eine endlose Kette von imaginären zweiten Spielen…“. Tatsächlich macht die konjunktive Herangehensweise Sinn, nur leider stellt der Programmtext die falschen Fragen.

The Second Game“ hätte anhand eines Fußballspiels die Machtverhältnisse in einer der grausamsten kommunistischen Diktaturen des Ostblocks erforschen können. Immerhin lieferten sich Armee und Securitate während der Revolution im Jahre 1989 Gefechte in den Straßen Bukarests. Der Film hätte die Vermischung von Sport und Politik und somit die Einmischung der Machthaber in alle gesellschaftlichen Sphären thematisieren können. In Ceaușescus brutalem Regime konnten kritische Aussagen – selbst innerhalb der eigenen vier Wände – direkt zur Verhaftung führen. Es hätte verdeutlicht werden können, welchen persönlichen Gefahren ein Zivilist in einem Unrechtsstaat ausgesetzt ist. Aus dem Programmtext – nicht aus dem Film – geht hervor, dass Adrian Porumboi zu dieser Zeit Drohanrufe erhielt. Die Anrufe nahm manchmal der damals 13-jährige Corneliu entgegen, der – auch das wird im Film nicht wirklich deutlich – das gesamte Spiel damals live und mit panischer Angst verfolgte: Ein kapitaler Fehler seines Vater könnte diesen das Leben kosten. In diesem Zusammenhang hätte auch die schwierige moralische Frage aufgeworfen werden können, was es bedeutet, dass der Vater seine Leidenschaft – die Schiedsrichterei – mit der tiefen Verunsicherung seiner Familie bezahlt.

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