„Call me Kuchu“ von Kathereine Fairfax Wright und Malika Zouhali-Worrall


David Kato

David Kato

Eine Dokumentation, die mitkämpft

„Die Leute interessiert unsere Geschichte. Das ist der Grund, warum ich mich nicht verstecke“, sagt Stosh. „Komme, was wolle.“ Ihre tränennassen Augen verraten Angst, Verzweiflung, aber auch Mut und die Überzeugung, dass ihre Geschichte den Kampf wert ist. Stosh ist eine junge Frau in Uganda, die Frauen liebt. Ihr Landsmann David Kato liebt Männer. In einem Land, in dem gleichgeschlechtliche Liebe nicht nur verpönt ist, sondern mit aller Gewalt bekämpft wird, ist ihr Einsatz für Gleichberechtigung nicht nur gefährlich, sondern auch geradezu hoffnungslos. 95 Prozent der Bevölkerung befürworten das „Anti-Homosexualitäts-Gesetz“, für das sich religiöse Gruppen in Uganda stark machen. In der Boulevard-Zeitung „Rolling Stone“ werden Fotos, Namen und Adressen von Homosexuellen veröffentlicht, mit dem Vermerk „Hang them“ („Hängt sie“).

Die Dokumentation von Malika Zouhali-Worrall und Katherine Fairfax Wright begleitet David Kato, den ersten schwulen Aktivisten Ugandas, und eine kleine Gruppe „Kuchus“ (Synonym für „Queer“) beim täglichen Kampf gegen die gewalttätige Homophobie in Uganda. „Wenn wir uns verstecken, werden sie sagen, es gibt uns nicht“, erklärt Kato seinen Drang, an die Öffentlichkeit zu gehen. Als ihm ein großer juristischer Erfolg gegen die Initiative gelingt, die ein Gesetz durchsetzen will, das für HIV-positive schwule Männer die Todesstrafe vorsieht, ist die Freude groß. Die Glücksgefühle und die aufkeimende Hoffnung übertragen sich unmittelbar auf den Zuschauer. Drei Wochen später findet man David Kato leblos in seinem Haus. Mit einem Hammer zu Tode geprügelt. Selbst auf seiner Beerdigung sind seine traumatisierten Freunde nicht vor der Gewalt religiöser Fanatiker sicher. „Call me Kuchu“ ist ganz nah dran an den wenigen Mutigen Ugandas, zeigt aber auch die Fanatiker in geradezu unerträglicher Nähe. So lässt der Herausgeber des „Rolling Stone“ in epischer Breite seinen Vorurteilen gegen Homosexuelle freien Lauf, seinen Wünschen, wie man mit ihnen umgehen solle und laut lacht über den Vorwurf, sein Blatt hetze die Leser auf.

Katos Tod sorgte 2011 international für Aufsehen. Und doch sind die Entwicklungen zu langsam, die Unterstützung zu gering. Die Dokumentation kann der unerträglichen Situation in Uganda neue, unbedingt notwendige Aufmerksamkeit verschaffen. Auf der 62. Berlinale lief „Call me Kuchu“ mit großem Erfolg: Als beste Dokumentation mit dem Teddy Award auszeichnet und zweitplaziert in der Sektion Panorama Dokumente hat  „Call me Kuchu“ außerdem den entwicklungspolitischen Sonderpreis „Cinema fairbindet“ gewonnen. Dieser beinhaltet, dass die Dokumentation durch die Lichtspielhäuser 25 deutscher Städte touren wird. Es bleibt zu hoffen, dass „Call me Kuchu“ bald auch international in die Kinos kommt. Denn diese Dokumentation muss gesehen werden. Sie muss.

Verena Manhart

Call me KuchuRegie: Katherine Fairfax Wright, Malika Zouhali-Worrall, Kinostart: 20. September