interfilm-Spezial: Filmemacher Chris Brandl


Auf allerlei Festivals haben die Hauptstadtwellen auch Chris Brandl getragen. Der freie Filmemacher aus Wiesbaden mit Wohnsitz in Mitte ist mit seinen 36 Jahren so etwas wie der alte Hase unter den jungen Wilden. Zusammen mit seinem Künstlerkollektiv mobtik macht er nun schon seit über zehn Jahren die Berliner Filmlandschaft unsicher. Sein Markenzeichen ist der ironische Humor, der nicht nur in vielen seiner Filme, sondern auch im Gespräch mit ihm mitschwingt.

Dies gilt auch für seinen Film „Volkspark„, den er unter dem bezeichnenden Alias „Kuesti Fraun“ gedreht hat. Auf dem interfilm-Festival läuft „Volkspark“ im Programm „Berlin Beats“. Die Idee: Ein arbeitsloser Unternehmensberater akkumuliert Kapital im Berliner Volkspark. Er sperrt Wege, um Wegzoll zu verlangen oder nimmt rowdyhaften Fahrradfahrerinnen ein paar Euro Schmerzensgeld ab. Ein Krisenfilm, der beim letztjährigen interfilm-Festival den Publikumspreis in der Kategorie Film & Fertig gewinnen konnte.

Dass Chris Brandl in „Volkspark“ einen leidenschaftlichen Pragmatiker porträtiert, ist im Übrigen nicht sehr weit hergeholt. Ähnlich lässt sich auch die Einstellung des Filmemachers selbst charakterisieren, wenn er über den Kurzfilm sinniert. Da er seine Filme selbst finanziert, bleibt ihm momentan keine andere Wahl, als Kurzfilme zu drehen. Für mehr reicht das Budget nicht. Doch der Langfilm ist selbstverständlich ein Ziel. Eine pragmatische Einstellung, doch wer einmal mit Brandl über die Faszination fünf-sekündiger Ultrakurzfilme gefachsimpelt hat, der weiß, dass der Kurzfilm immer sein Steckenpferd bleiben wird.

Dass auch der Kurzfilm einen Filmemacher ernähren kann, beweist er im Übrigen höchstpersönlich. Klar, mehr schlecht als recht womöglich – doch für Chris Brandl reicht es zum Überleben und das Reisen ermöglichen ihm die zahlreichen Filmfestivals. Ein Thema übrigens, bei dem er wieder ins Schwärmen gerät. Seinen eigenen Film gemeinsam mit dem Publikum auf der großen Leinwand zu bewundern, die ungefilterten Reaktionen der Menschen zu erleben, ist für ihn Lohn und Motivation zugleich. Und seine Beziehung zu Berlin? Typisch Brandl: Mit einem Schlag kehrt sein Pragmatismus zurück. Über Berlin habe er noch nie nachgedacht. „Egal ob Köln, Stuttgart, New York, Rio“, er dreht seine Filme eben hier. Das ist alles.

Peter Correll

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„Berlin Beats“ läuft am 14.11.2012, 14.30 Uhr , Babylon – Kino 1, 16.11.2012, 21 Uhr, Passage Kino 1, 17.11.2012, 21 Uhr, Roter Salon, www.interfilm.de