„Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ von Ben Stiller


Bei einem Darsteller wie Ben Stiller ist man sich nicht immer einig: Manche halten ihn für genial, andere für einen holzschnittartigen Komödianten, der gern die simpelsten Mechanismen des Mainstreamhumors bedient. Doch „The Secret Life of Walter Mitty“ wirft ein anderes Licht auf Stiller, der bei der Produktion die Dreifachfunktion von Hauptdarsteller, Regisseur und Produzent übernommen hat. Und das Resultat ist beachtlich. Auch wenn hier und dort ein paar übertriebene Actionsequenzen und ein manchmal pathetischer Soundtrack ihn zuweilen als Anhänger Hollywood’scher Inszenierungsstrategien ausweisen: Stiller hat einen Film geschaffen, der die Weite der Welt durch die Tiefe einer Figur vermittelt und die Erde als imposante Schönheit für alle Daheimgebliebenen greifbar werden lässt.

Derweil hat er aber auch an überflüssigem Kitsch und Schnulz gespart und Mittys heimlichen Gefühlen zu seiner Arbeitskollegin Cheryl (Kristen Wiig) nur den Platz einer Nebenhandlung eingeräumt. Die wirkt sich zwar unterstützend auf die Metamorphose der Hauptfigur aus, bleibt aber angenehm im Hintergrund. Während Mittys Reise ihn weiter von Island bis nach Afghanistan führt, weicht der Aktenkoffer dem Seesack und die spießige Schlips & Kragen-Kombi dem komfortablen Wollpulli. Falten und Bartstoppeln zieren sein verwittertes Gesicht. Als auf Island der Eyjafjallajökull ausbricht, brettert Mitty mit dem Skateboard eine kilometerlange Steilstraße hinunter. Endorphine, die im Angesicht eines Vulkanausbruchs explodieren. Der Vergleich spricht Bände.

Walter Mitty ist ein Anderer geworden. Kein Held, der von den Massen gefeiert wird und kein Aufschneider, der mit seinen Geschichten prahlt. Aber ein Mensch, der das Spektrum der Welt mit jeder Faser seines Körpers erfasst und der den eigenen Kinosessel plötzlich unbequem und einengend erscheinen lässt. Eine Figur, in der sich das Fernweh, das wir allzu oft verdrängen, konzentriert. Dass jeder selbst entscheiden kann, wie eng oder weit er die Grenzen seiner eigenen Erfahrungsdimension stecken will – davon erzählt dieser Film.

Alina Impe

„Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ Regie: Ben Stiller, Drehbuch: Steve Conrad, Darsteller: Sean Penn, Shirley Maclaine, Ben Stiller, Kristen Wiig, Adam Scott, Patton Oswalt, Kathryn Hahn, Kinostart: 1. Januar 2014

1 2