DAS HUMBOLDT FORUM von Carola Wedel


Der blaue Buddha - einmalig guterhaltendes Wandgemälde in den Höhlen von Kizil © ZDF/ Jürgen Dombrowski / Studio Hamburg Enterprises GmbH

Der blaue Buddha – einmalig guterhaltendes Wandgemälde in den Höhlen von Kizil © ZDF/ Jürgen Dombrowski / Studio Hamburg Enterprises GmbH

Die größte Intensität und Faszination üben die Aufnahmen im chinesischen Xinjiang aus – unter dem Titel „Geheimnisvolles Turfan – Von der Seidenstraße zum Humboldtfroum“. Wedel nutzt das Privileg als erstes deutsches Filmteam vor Ort filmen zu können, um dem Zuschauer eine Region und Kulturgüter näherzubringen, die wenig bekannt sind. Geschickt verbindet die Autorin dabei Bilder aus dem Archiv der Berliner Museen, die von den frühen Turfan-Expeditionen von Le Coq und Grünwedel zeugen, mit ihren eigenen Eindrücken vor Ort. Das Gleichgewicht zwischen den verwendeten Medien und Quellen wie Zitaten aus den Tagebüchern von Le Coq, Interviews mit den Denkmalpflegern von heute oder den Gesprächen mit dem Leiter des asiatischen Museums in Berlin, der bei den Filmaufnahmen dabei ist, wirkt harmonisch, ist informativ und überzeugend.

Ein weiterer Höhepunkt des Filmprojekts ist der Teil „Die Indianer kommen! – Indigene Völker im Berliner Humboldt-Forum“. Vertreter aus des Volkes der Kogi besuchen Berlin und sehen dort zwei kultische Masken, die vor Jahrzehnten ihren Ahnen gehört haben. Sie formulieren die Forderung, diese Masken zurückzubekommen. Um das Volk besser verstehen zu können, reis das Filmteam nach Kolumbien, wo noch 18’000 Kogi in der Sierra Nevada von Santa Marta leben. Auch in diesem Punkt schafft Wedel etwas Einzigartiges, denn es ist eine absolute Ausnahme, dass sich die Kogi von Fremden filmen und sie aus nächster Nähe an ihrem Leben teilnehmen lassen. Vorsichtig, respektvoll und eben exklusiv erzählt Wedel von diesem naturverbundenen, selbstbewussten Volk.

Der Film mit weitgehend allen seinen Einzelteilen bemüht sich um eine unparteiische Haltung. Grundsätzlich ist dies, dem Projekt als Stärke anzurechnen. Trotzdem wünscht man sich an gewissen Stellen mehr Raum für kritische Stimmen. Der ganze Bereich Rückerstattung von Kulturgüter an die ursprünglichen „Besitzer“ kommt zwar im Film vor, doch wird er nur gestreift. Dass Wedel dafür ein Bewusstsein hat, beweisen einzelne Bemerkungen von ihr. Sie bemerkt beispielsweise, dass bei den verschiedenen Feierlichkeiten vor Ort während der unterschiedlichen Bauphasen des Forums nie Vertreter außereuropäischer Kulturen spezifisch eingeladen wurden (gefeiert wird dann auch immer mit klassischer Musik und Ritualen eindeutiger christlich-europäischer Herkunft), doch verleiht die Autorin ihren Worten nicht genug Nachdruck.

Beim Richtfest zum Berliner Humboldt Forum. Vlnr: Michael Müller, regierender Bürgermeister von Berlin, Barbara Hendricks, Bundesbauministerin, Monika Grütters, Kulturstaatsministerin, Manfred Rättig, Vorstand und Sprecher der Stiftung Berliner Schloss –Humboldt Forum, und Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz © ZDF/ Jürgen Dombrowski / Studio Hamburg Enterprises GmbH

Beim Richtfest zum Berliner Humboldt Forum. Vlnr: Michael Müller, regierender Bürgermeister von Berlin, Barbara Hendricks, Bundesbauministerin, Monika Grütters, Kulturstaatsministerin, Manfred Rättig, Vorstand und Sprecher der Stiftung Berliner Schloss –Humboldt Forum, und Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz
© ZDF/ Jürgen Dombrowski / Studio Hamburg Enterprises GmbH

Die Widersprüche, die das Humboldt-Forum in sich vereint hätte man gerne ausführlicher besprochen gesehen. Dabei geht es um den Umgang mit den einzelnen Exponaten, aber auch um das Projekt selbst, das sich als Rekonstruktion eines historischen Gebäudes aus einem bestimmten Kontext (man denke an die Kuppel mit ihrem christlichen Kreuz und dem aufdringlichen Leitspruch) mit dem Wunsch den Ort als „Dialog auf Augenhöhe zwischen den Kulturen“ zu etablieren, reibt.

DAS HUMBOLDT-FORUM schafft es grundsätzlich, sowohl didaktisch wertvoll zu argumentieren als auch die zur Verfügung stehenden Ressourcen mit eigenständigem neuem Bildmaterial zu kombinieren.

Teresa Vena

DAS HUMBOLDT FORUM – EIN JAHRHUNDERPROJEKT, Regie: Carola Wedel, ab sofort auf DVD erhältlich

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