„Die Überglücklichen“ (OT: „La pazza gioia“) von Paolo Virzì



Virzìs Figuren verlangen nicht viel, nur das Recht auf ein Stück Glück. Die Leichtigkeit und Fröhlichkeit, die vom Charakter der Beatrice ausgeht, wirkt unmittelbar ansteckend auf den Zuschauer. Ihre Krankheit und das Schicksal der anderen Frauen im Heim erzählt von Elend und Ungerechtigkeit, doch entscheidet sich der Autor gegen ein politisches Pamphlet, sondern sucht mehr das Komische der Geschichte herauszustellen. Bis auf wenige dramatisch-schwermütige Szenen kommt ansonsten im entscheidenden Moment ein Spruch der beredten Beatrice dazwischen und lockert die Situation wieder auf.

Im Film geht es um Freundschaft, um Mutterschaft, um die Beziehung zu den eigenen Eltern und insbesondere um den Umgang mit psychischen Krankheiten. Ihr Bedeutung und Auswirkung bleibt in der italienischen Gesellschaft tabuisiert, weswegen Betroffene sich mit Stigmatisierung und Ungerechtigkeiten konfrontiert sehen. Von dieser Grundsituation wollte der Film, den Virzì gemeinsam mit Francesca Archibugi, die aus dem Komödienfach kommt, geschrieben hat, erzählen, ohne anzuklagen.

Mit seinen beiden Hauptdarstellerinnen Micaela Ramazzotti und insbesondere Valeria Bruni Tedeschi hat der Regisseur das große Los gezogen. Sie ergänzen sich hervorragend und liefern eine überzeugende, einfühlsame und authentische Leistung ab. Virzì setzt mit den beiden auf zwei erwachsene Frauen mit Lebenserfahrung, eine Ende 30 und die andere Anfang 50, was sie umso glaubthafter für ihre Rollen macht. Ramazzotti, seit 2009 mit Virzì verheiratet, beweist zudem Mut zur Hässlichkeit, indem sie die Zuschauer einen ausgemergelten, tätowierten und von Drogen gezeichneten Körper sehen lässt.

Virzì präsentiert mit „Die Überglücklichen“ eine tiefsinnige Komödie mit einem insgesamt guten Gespür für Rhythmus und Dialoge.

Teresa Vena

Die Überglücklichen“ (OT: „La pazza gioia„), Regie: Paolo Virzì, Darsteller: Valeria Bruni Tedeschi, Micaela Ramazzotti, Valentina Carnelutti, Tommaso Ragno, Bob Messini, Sergio Albelli, Anna Galiena, Marisa Borini, Marco Messerei, Bobo Rondelli, Kinostart: 29. Dezember 2016

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