„Ein Haus in Berlin“ von Cynthia Beatt


"Haus in Berlin" feierte seine Premiere beim Festival des deutschen Films in Ludwishafen. Foto: Filmfest Rotterdam

„Haus in Berlin“ feierte seine Premiere beim Festival des deutschen Films in Ludwishafen. Foto: Filmfest Rotterdam

Festhalten am Herzensprojekt


Manchmal ist es das Zusammenspiel aus einer gewissen Alltagsroutine und einem kleinen Zufall, das plötzlich in der Summe so etwas wie Schicksal ermöglicht. So wie im Falle Stellas. Die Schottin lebt als Literaturdozentin in Glasgow (Fachgebiet: Robert Louis Stevenson und seine Literatur im Exil) und fühlt seit dem Tod ihres Vaters oft phantomschmerzhaft die Abwesenheit der eigenen Wurzeln, der eigenen Zugehörigkeit. Doch dann ereilt sie ein Brief aus Berlin: Sie ist die Alleinerbin eines Wohnhauses, das einst ihrem jüdischen Großonkel gehörte.

Die Geschichte des Hauses ist ein Stück deutsche, europäische Geschichte: Erst nach einem Restitutionsprozess konnte der Großvater in den 90er Jahren wieder als Besitzer über sein rechtmäßiges Eigentum verfügen. Nun soll das Haus – vom Anwalt des ehemaligen Besitzers abgewickelt – verkauft werden. Stella reist nach Berlin und stellt fest, dass es sich keinesfalls einfach nur um eine Immobilie in Berlin handelt, die den Besitzer wechseln soll. Vielmehr soll hier ein lebendiges Stück der jüdischen Geschichte Berlins, aber auch ihrer eigenen Familienbiographie, veräußert werden.

Cynthia Beatt hat sich mit Ein Haus in Berlin auf Spurensuche zu den ganz materiellen Bausubstanzen Berlins begeben, denen sie sich bereits mehrmals in ihrer Filmographie gewidmet hat, am prominentesten sicherlich in den halbdokumentarischen Arthouse-Filmen „Cycling the Frame“ und „The Invisible Frame“ in denen Tilda Swinton mit dem Fahrrad einmal 1988 die Mauer und einmal 2009 die Phantomspuren der Mauer entlang fährt und ihren Gedanken freien Lauf lässt. Nun also ein weiterer Blick mit persönlicher Perspektive in ein umso dunkleres Kapitel deutscher Geschichte, das eine Berliner Kulturszene zum Erliegen brachte, nämlich den Zweiten Weltkrieg. 15 Jahre hat sich Beatt um die Realisierung des Projektes „Ein Haus in Berlin“ bemüht. Ein Herzensprojekt.

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