Fantasy Filmfest-Kritik: „Black Out“ von Arne Toonen
Gangster statt Holzschuhe
Holland – Land der Windmühlen, Tulpen und Holzschuhe, zumindest laut Klischee. Wer würde da annehmen, dass es auch hier eine kriminelle Unterwelt mit Mafiosos, Drogenhändlern und sonstigem zwielichtigen Gesocks gibt? In Arne Toonens Gangster-Satire „Black Out“ gibt es diese Welt und die macht – entgegen aller Klischees – ziemlich viel Spaß.
Am Tag vor seiner Hochzeit wacht der Aussteiger Jos (Raymond Thiry) mit massivem Gedächtnisverlust auf und muss feststellen, dass seine Karriere als Kleinkrimineller doch noch nicht ganz vorbei ist. Das scheint zumindest die Leiche mit zermatschtem Gesicht zu sagen, die neben ihm im Bett liegt. Erstmal weg mit dem blöden Ding, doch nachdem Jos den Leichnam umständlich in einer Reisetasche verpackt und in seinem Kofferraum zwischengelagert hat, wartet schon das nächste Problem: Vlad, russischer Drogenboss und gealterter Ballerino, der nach wie vor gerne Legwarmer trägt, vermisst 20 Kilo Koks und beschuldigt Jos des Diebstahls. Dran glauben muss natürlich die ahnungslose Verlobte, wenn Jos den vereinbarten Liefertermin nach Ablauf von 24 Stunden nicht einhält.
Das alles setzt eine Ereigniskette in Gang, die in Toonens Crime-Comedy jede Menge skurrile wie amüsante Gestalten auf den Plan ruft. Neben dilettantischen Hundefriseuren auf dem Weg ins Gangsterbusiness und einem spätpubertierenden Drogendealer, der ständig mit seiner Mutti telefoniert, liefern sich hier zwei knallharte aber bildschöne Anti-Charlie’s Angels feministische Grundsatzdiskussionen während der Kaffeepause. Ihr Auftraggeber, die dahinsiechende niederländische Version eines Don Corleone mit dem furchteinflößenden Namen „Opi“, röchelt derweil im Altersheim vor sich hin und lässt sich von den Pflegerinnen liebevoll betüdeln.
Jos ist gezwungen, trotz Verdacht auf Mord, Drogen- und Gelddiebstahl und mit dieser Armee von Delinquenten plus Polizei auf den Fersen, seiner Verlobten weiterhin eitel Sonnenschein vorzuspielen. Wenn der brave Ehemann in spe gerade nicht von einem Fettnäpfchen ins nächste stolpert, lassen Tarantino’sche Wortgefechte und Scorsese’sche Fetisch-Ästhetik schön grüßen, allerdings auf einer vergleichsweise harmloseren Brutalo-Skala.
Beliebte Motive des Gangsterfilms wie Aufstieg und Fall, ein fulminanter Showdown auf einer Bowlingbahn oder Pattsituationen, in denen sich dummerweise alle Beteiligten gleichzeitig abknallen, gehören bei diesem Film natürlich dazu. Im niederländischen Original büßt der Film für deutsche Zuschauer vermutlich einige rhetorische Knaller ein, die die Untertitel nicht Eins zu Eins wiedergeben können. Wie für das Gangstergenre üblich, stellt sich mit der Zeit jedoch auch bei einer niederländischen Produktion wie „Black Out“ das Wort „Fuck“ als das beliebteste heraus. Wieder was gelernt.
Alina Impe
„Black Out“ Regie: Arne Toonen, Drehbuch: Melle Runderkamp, Arne Toonen, Darsteller: Raymond Thiry, Katja Schuurman, Birgit Schuurman, Kim van Kooten, Bas Keijzer, Alex van Warmerdam, Renee Fokker, Edmond Classen