„La danza de la realidad“ von Alejandro Jodorowsky



Diese exzentrische Art der Bricolage wurde dieses Jahr ausgiebig in Cannes bejubelt, nachdem sich Jodorowsky seit über 20 Jahren wieder an einen Film gewagt hatte. Und „La danza de la realidad“ ist tatsächlich zu ungleichen Teilen eine beißende Satire, eine sentimentale Schmonzette, eine absurde Komödie und ein hartes Sozialdrama. Der vielen als Kultregisseur und Kult-Comicautoren geltende Alejandro Jodorowsky bleibt mit diesen forcierten Brüchen seinem cineastischen Oeuvre treu, das sich auch nie um Genrekonventionen geschert hat (von ihm stammt der lange Zeit indizierte Acid-Western „El Topo“ und „Montana Sacra – Der Heilige Berg„).

Das ist ambitioniert und bewundernswert, dennoch ist der Bricolage-Epos ein gescheiterter, gigantomanischer Versuch. Es ist, als könne man als Publikum die Empathie nicht aufbringen, die von einem gefordert wird, so schnell wechselt der erzählerische Ton. Beispielsweise dann, wenn eine skurrile Albernheit bemüht wird, nachdem man gerade einen Toten beweint hat (Jaime schlägt eine Armee zusammen. Als sie am Boden liegt, hört man lautes Schluchzen: Es ist das Weinen dutzender Babys). Wer sich von der uneinheitlichen Erzählstruktur zeitweise mitreißen lässt, der erlebt dann trotzdem wunderschöne Momente. In einer besonders rührenden Szene schmiert Alejandros Mutter ihren Sohn mit Schuhcreme ein, um mit ihm gemeinsam die Dunkelheit zu verjagen. Den Pathos verzeiht man Jodorowsky dann gern – weil er einen so schön an das Ende der eigenen Kindheit erinnert. Und an den langen und viel zu kurzen Weg dahin.

Marie Ketzscher

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