„Noah“ von Darren Aronofsky
Ertränkte Ambitionen in Aronofskys Sintflutgeschichte
Es ist immer die Frage, ob ein ambitionierter Regisseur mit einem hohen Budget innerhalb Hollywoods Studiosystems seinen unabhängigen Gestaltungswillen beibehalten kann. Schließlich können sperrige Ideen und Gestaltungskonzepte die Zuschauerzahlen und somit die Einspielergebnisse schmälern. Für seinen ersten großen Blockbuster mit Produktionskosten jenseits von 100 Millionen US-Dollar ließ sich der experimentierfreudige Autorenfilmer Darren Aronofsky überraschenderweise von der biblischen Sintflutgeschichte inspirieren.
„Noah“ ist dabei weder eine werksgetreue Verfilmung der biblischen Vorlage, noch eine kritische Auseinandersetzung mit der christlichen Glaubensgeschichte an sich. Der Film enthebt die Geschichte aus dem direkten religiösen Zusammenhang und präsentiert sie als das, was sie ohne diesen Kontext eigentlich darstellt: Eine epische, moralische und auch triviale Abenteuergeschichte.
Die Handlung steht dabei zeitgenössischen Fantasyfilmen näher als den alten CinemaScope Bibelfilmen der 50er und 60er Jahre. So bevölkern fantastische Wesen wie die Watcher – gefallene Engel, die in Form von gigantischen Steingolems auftreten – den Filmraum. Noah (Russell Crowe) konstruiert unter dem Schutz dieser Steinwesen die Arche, nachdem er göttliche Visionen über eine nahende Sintflut empfangen hat. An Bord der Arche versucht er mit seiner Frau Naameh (Jennifer Connelly), seinen Söhnen Shem und Ham sowie dem Findelkind Ila (Emma Watson) die Katastrophe zu überleben und einen Neuanfang zu ermöglichen.
Vor allem in der ersten Hälfte schwelgt der Film dabei in aufwändigen computergenerierten Effektwelten. Diese zeigen sich in der Entstehung eines ganzen Waldes, der im Zeitraffer aus einem Samen des Garten Edens erwächst, welchen Noah von seinem Großvater Methuselah (Anthony Hopkins) erhalten hat. Auch der Zug der Tiere zur Arche, die ausladende Schlacht zwischen den Watchers und den Truppen des Erzbösewichts Tubal-Cain (Ray Winstone) sowie natürlich die Sintflut an sich wurden bildstark in Szene gesetzt. Mit dem Kameramann Matthew Libatique und der Musik von Clint Mansell sind auch weitere langjährige Mitstreiter von Darren Aronofsky beteiligt, welche seinem Debüt „Pi“ und den Folgewerken „Requiem for a Dream“ und „Black Swan“ eine herausragende und außergewöhnliche stilistische Gestaltung bescherten. Die Effektflut in „Noah“ verlagert die Geschichte allerdings aus einem physisch nachvollziehbaren Kosmos ganz in eine abstrakte Welt, wie sie vornehmlich in Comics und Computerspielen durchexerziert wird. So entsteht ein sehr artifizieller Eindruck, der sich nicht von anderen effektüberladenen Weltuntergangsvisionen abhebt.