„Noah“ von Darren Aronofsky



Weniger effektbezogen und dadurch stärker auf die menschlichen Konflikte fokussiert gestaltet sich die zweite Hälfte des Films nach dem Beginn der Sintflut an Bord der Arche. Dort hat Noah entschieden, dass die Menschheit korrupt ist und Gott mit der Sintflut daher die gesamte menschliche Existenz auslöschen möchte. Als er erfährt, dass Ila von seinem Sohn Shem ein Kind erwartet, beschließt er, dass dieses Kind sterben muss, um den Willen Gottes wahren zu können.

Noahs Erzfeind Tubal-Cain ist es gelungen, sich an Bord zu verstecken. Er schafft es, die Eifersucht von Ham auf Shems Beziehung zu Ila für eine Intrige des Sohns gegen seinen Vater zu nutzen. Vor allem Russel Crowe und Ray Winstone verkörpern ihre Charaktere in physischer Hinsicht hervorragend. Jedoch wirken sämtliche Figuren nicht als selbstbestimmte menschliche Wesen, die ihre Handlungen und Entscheidungen eigenständig treffen. Sie scheinen allesamt einem vorherbestimmten Schicksal zu folgen. So rechtfertigt Noah sämtliche Konflikte dahingehend, dass diese auf dem Willen Gottes beruhen würden. Dieses „Göttliche“ wird für den filmischen Zusammenhang jedoch nicht weiter benannt oder erläutert. Während beispielsweise die „Macht“ in den „Star Wars„-Filmen als mythisches metaphysisches Element für den Zuschauer verständlich erklärt wird, bleibt das „Göttliche“ in „Noah“ als zentraler Handlungspunkt für den Bau der Arche und als Ursache für die Sintflut eine Leerstelle. Auch wenn Aronofsky angibt, seinen Noah als Umweltschützer unabhängig von einem religiösen Kontext darstellen zu wollen, verhindert diese Leerstelle eine klare Identifizierung der Zuschauer mit der Motivation der Figuren.

Der Verleih Paramount scheint sich über die Leerstelle in einem Film über Menschlichkeit, Moral und Gerechtigkeit jedenfalls bewusst zu sein. Während „Noah“ in Amerika exklusiv in 2-D aufgeführt wurde, hat der Verleih für den Weltvertrieb eine 3-D-Version anfertigen lassen. Hierdurch soll anscheinend der inhaltliche Fokus des Films auf die exzessiven Effektszenen verlagert werden. Diese können jedoch nicht die inhaltlichen Schwächen dieser nicht-religiösen Bibelverfilmung überdecken.

Henning Koch

Noah„, Regie: Darren Aronofsky, Darsteller: Russell Crowe, Jennifer Connelly, Ray Winstone, Emma Watson, Anthony Hopkins, Kinostart: 3. April 2014, DVD-Verkauf ab 28. August 2014

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