„Schau mich nicht so an“ von Uisenma Borchu



Uisenma Borchu hat bereits einige Dokumentarfilme inszeniert und diesen dokumentarischen Einfluss merkt der Betrachter „Schau mich nicht so an“ an. Die Dialoge sind improvisiert und die Schauspieler sind, bis auf Josef Bierbichler, Laien. Laienhaft ist das Schauspiel jedoch keinesfalls. Es besticht durch Nähe zur Realität und vor allem Intimität, die der Kameramann Sven Zellner grandios einfängt. Borchu, die sowohl Hauptdarstellerin als auch die Regisseurin ist, und Zellner haben die Kamera stark in die kammerspielartige Atmosphäre einbezogen. So bewegt sie sich etwa mit Iva und Hedi, als die beiden sich kennenlernen – manchmal unsicher, dann intensiver. Je nachdem wie die Frauen im Dialog aufeinander reagieren.

Catrina Stemmer füllt die Rolle der Iva mit großer Authentizität und Leben. Ihrer Figur nimmt man die Herausforderungen des Alltags als alleinerziehende Mutter zwischen Studium und Kind, die sich Anerkennung wünscht, vollends ab. Auch das Dilemma von Josef Bierbichlers Vaterfigur ist spannend zu beobachten: Er ist belesen, wirkt stark, selbstbewusst und trotzdem fürchtet er sich vor einer Konfrontation mit seiner Tochter und der Enkelin.

Obwohl es viel Nacktheit und zahlreiche Sexszenen in „Schau mich nicht so an“ gibt, haben diese nichts Pornografisches. Mehr noch fließen sie natürlich in die Handlung ein und machen diese dadurch noch realitätsnaher.

Schau mich nicht so an“ spielt größtenteils in München. Die Handlung wird durchbrochen von Szenen, in denen Hedi und Sofia Hedis Großmutter in der Mongolei besuchen. Diese Szenen rahmen den Film ein und sind weit weniger realistisch als der Rest. Dadurch erhält „Schau mich nicht so an“ eine mystische Dimension, denn die Szenen sind der restlichen Handlung nicht zugeordnet. Der Zuschauer weiß nicht, warum Hedi alleine mit Sofia in der Mongolei ist, aus den übrigen Szenen ergibt sich dafür keine Konsequenz. Deshalb sind die Szenen in der Mongolei sicherlich kontrovers zu betrachten, da sie den Film zwar um eine Dimension erweitern, aber auch einen Abbruch seiner Stimmigkeit mit sich bringen.

Dieses Jahr sind bereits einige außergewöhnliche, frische und mutige Filme von Regisseurinnen ins Blickfeld gerückt wie etwa von Nicolette Krebitz („Wild„) oder von Maren Ade (Toni Erdmann„, hier unsere Kritik). Sieht man auf den Fakt, dass die Filmlandschaft noch immer von männlichen Filmemachern dominiert wird, ist das eine sehr positive Tendenz. Auch „Schau mich nicht so an“ konnte bereits auf sich aufmerksam machen und einige Preise gewinnen wie den Bayerischen Filmpreis für die beste Nachwuchsregie 2015 und den FIPRESCI AWARD 2015 in der Kategorie „Neues Deutsches Kino“ beim Filmfest München.

Uisenma Borchu hat mit „Schau mich nicht so an“ einen feinsinnigen, intelligenten und erfrischenden Film vorgelegt. Ein rundum gelungenes Spielfilmdebüt.

Michaela Grouls

Schau mich nicht so an„, Regie: Uisenma Borchu, DarstellerInnen: Uisenma Borchu, Josef Bierbichler, Catrina Stemmer, Anne-Marie Weisz, Kinostart: 16. Juni 2016

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