„Schwestern“ von Anne Wild



Die Kernidee des Films, Kati als zentrale Protagonistin erst gegen Ende des Films einzuführen, schlägt somit völlig fehl, weil die stereotypen Charaktere sich so vor allem in ihrem eigenen Leid und ihrer Verlustangst suhlen. Der Erkenntnisgewinn bleibt dann entsprechend banal: Kati ist viel glücklicher als ihre Familie.

Am schönsten ist „Schwestern„, als endlich nicht mehr so viel überverbalisiert wird: Bei der Begegnung der zwei Schwestern innerhalb der Klostermauern. Saskia stellt Kati Fragen und erzählt ihr Dinge, auf die diese aufgrund ihres Schweigegelübdes nur mit Mimik und Gestik antwortet. Die Szene ist ruhig und konzentriert und besticht durch das wunderbare Spiel der beiden Schauspielerinnen (unglaublich stark: Marie Leuenberger); hier wird erstmals sichtbar, dass es in dieser Familie so etwas wie bedingungslose Zuneigung und Akzeptanz gibt. Überhaupt, die Schauspieler: Gäbe es nicht die Vehemenz und Präsenz einer Ursula Werner, der Film würde endgültig in seiner Ideenlosigkeit baden gehen. Werners nüchterner, derber Humor ist unheimlich erfrischend.

Als die Zeremonie abgeschlossen ist und sich der verschuldete Verleger-Bruder mit seiner Frau ausgesöhnt hat, sagt er unvermittelt (und komplett sinnbefreit): „Ich weiß nicht.“ Und seine Frau antwortet „Ach, ich weiß es auch nicht.“ Und auch das Publikum will dann längst nicht mehr wissen, warum eine junge Frau so eine radikale Lebensentscheidung trifft und wie ihre Familie damit umgeht, wenn der Film im Grunde selbst keine Ahnung hat, was ihn eigentlich an diesem Thema interessiert.

Marie Ketzscher

Schwestern Regie/Drehbuch: Anne Wild, Darsteller: Maria Schrader, Jesper Christensen, Anna Blomeier, Ursula Werner, Felix Knopp, Kinostart: 12. Dezember 2013

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