„Spanien“ von Anja Salomonowitz


Foto: Berlinale

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Das goldene Glück

Wenn ein Film gleich aus mehreren Handlungssträngen besteht, die sich im besten Fall gegenseitig bedingen oder zumindest kreuzen, ist ein gemeinsames Motiv der beteiligten Figuren Gold wert. In „Spanien“ (Anja Salomonowitz) sind alle Charaktere auf der Suche nach ihrem persönlichen Glück, so unterschiedlich das Ergebnis letzten Endes auch ausfallen mag: Während die Restaurateurin Magdalena (Tatjana Alexander) genug von den Nachstellungen und Kontrollversuchen ihres Exmanns Albert (Cornelius Obonya) hat, der wiederum fieberhaft versucht, sie zurück zu gewinnen, bleibt der geheimnisvolle Sava (Grégoire Colin) auf seiner Reise nach Spanien mitten in der österreichischen Provinz stecken und will um jeden Preis sein Ziel noch erreichen. Und schließlich ist da noch Gabriel (Lukas Miko), der nach seiner Schicht als Kranfahrer regelmäßig der Spielsucht verfällt und sich Geld bei einer dubiosen Firma leiht, die auch für Savas fehlgeschlagene Reise verantwortlich ist.

Spanien“ zeichnet all diese unterschiedlichen Entwürfe von persönlichen Wünschen und Sehnsüchten, indem das gesuchte Glück seiner Figuren bildästhetisch zu Gold gesponnen wird. Die Farbe Gold zieht sich wie ein nicht enden wollender Faden durch Anja Salomonowitzs Werk, sei es das Blattgold, das während der Restaurationsarbeiten zum Einsatz kommt oder das goldene Leuchten von Magdalenas langen Haaren. Selbst Lichtsetzung und Farbgebung muten fast durchgängig golden an. All das hüllt den Film in eine traumhafte Ästhetik, in der die Menschen trotz oder gerade wegen ihrer Unvollkommenheit vor Schönheit strahlen, besonders was die sich entwickelnde Liebesgeschichte zwischen Magdalena und Sava angeht. Nicht ganz so strahlend wirken dagegen die Szenen mit Magdalenas Exmann Albert, was allerdings Absicht ist, denn diese Figur scheint alles andere als reflektiert oder erleuchtet. Umso mehr Beachtung findet hier stattdessen die Schauspielleistung von Cornelius Obonya, der in „Spanien“ mit Bravour den gewalttätigen und kontrollsüchtigen Verlassenen mimt, etwa wenn er in Magdalenas Abwesenheit in ihrer Wohnung herumschnüffelt oder heimlich auf ihr Bett onaniert. Es beweist schon schauspielerische Größe, eine Rolle zu verkörpern, die durchgehend abstoßend und verachtenswert ist.

Ebenfalls authentisch in der Wirkung, allerdings etwas abseits von der Dreiecksbeziehung um Magdalena, Albert und Sava, durchlebt auch Gabriel sein persönliches Beziehungsdrama, auch wenn Frau und Kinder keine Ahnung von seiner Spielsucht haben. Zugegeben, der Film hätte auch ohne diesen weiteren Handlungsstrang funktioniert, allerdings illustriert der Teil sehr deutlich den Druck eines Spielsüchtigen, der sich immer mehr in Geldproblemen, Lügen und Ausreden verstrickt, trotz der aufrichtigen Liebe zu seiner Familie.

Vordergründig macht „Spanien“ den Eindruck, als handele es sich um einen religiösen Film, was bei einer österreichischen Produktion gar nicht so abwegig erscheint. Der Name Magdalena und die Heiligenbilder, die die Figur in ihrer Freizeit anfertigt, das Restaurieren der Kirche und schließlich ihr Geliebter Sava, der immer noch nach Spanien will, weil er da noch wahrhaft gläubige Menschen vermutet, machen dies wohl überdeutlich. Allerdings zwingen diese Aspekte dem Zuschauer keinesfalls die Erkenntnis auf, dass Gott schon alles richten wird und man die Antworten auf die quälenden Fragen des Lebens im Glauben findet. Der Glaube ist hier genauso wie das Gold verknüpfendes Element unterschiedlicher Wege.

Spanien“ erzählt von Emanzipation, von Abenteuern, von Verzweiflung und Verleugnung. Vielleicht ist es nicht wichtig, ob jeder tatsächlich seinen Traum vom Glück verwirklichen kann, solange das Leben einem doch irgendwie golden und schimmernd erscheint.

Alina Impe

Berlinale-Termine: So 12.02., 20 Uhr Cubix 9; Di 14.02., 14 Uhr, Delphi Filmpalast; So 19.02. 21.30 Uhr, CineStar 8