„The Forest of Love“ von Sion Sono


Durch die Schaffung dieser Figur bringt Sono seine Kritik an der japanischen Gesellschaft an. Murata ist ein Berserker, jemand der keinen Respekt vor niemanden hat, er ist unhöflich, laut und prahlerisch. Er verkörpert alle denkbaren Untugenden. Trotzdem unterwerfen sich ihm die Menschen. Es ist diese Unterwürfigkeit, die als Hauptthema von „The Forest of Love“ angesehen werden kann. Sono zeigt, wie weit es kommen kann, wenn ein Mensch sich nicht wehrt, wenn ein Mensch blind an Hierarchien und Status festhält.

Dieser neue Film des japanischen Regisseurs ist eine Art Querschnitt durch seine früheren Arbeiten. Er vereinigt motivische Elemente, die er bereits in mehreren seiner Werke gerne verarbeitet: Selbstmord, sexueller Fetisch, Schulmädchen in Uniform und religiöser Kult. Die Liebe inszeniert Sono als etwas Verzehrendes und Demütigendes. Sie bedeutet in erster Linie Macht. Eine Macht, die in den falschen Händen missbraucht werden kann.

The Forest of Love“ ist eine punkige Oper, die Sonos Handschrift trägt in Bezug auf Inhalt und Form in gleichem Maße. Die Kameraarbeit von Sôhei Tanikawa mischt Handkameraästhetik mit sorgfältig komponierten Panoramabildern. Als Sonos langjährigen Parnter knüpft Tanikawa an die gemeinsamen Filme wie „Love Exposure“ und „Guilty of Romance“ an, zu denen sich „The Forest of Love“ wie ein weiteres Puzzleteil eines übergeordneten Hass-Liebe-Epos verhält. Seine mitreißende Dynamik verdankt der Film auch einen schnellen Schnitt, den Takayuki Masuda verantwortet. Der Zuschauer wird dadurch in die Handlung hineingezogen, so dass es schwer fällt, die nötige Distanz zu wahren. Die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verschwimmen zunehmend, genauso wie für die Protagonisten des Films selbst.

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Selbst in den Szenen großer Brutalität findet sich eine poetische Ebene wieder. Die Gewalt ist dermaßen überspitzt und überdreht, dass sie der Parodie dient und nicht etwa der Verherrlichung. Auch in „The Forest of Love“ geht Sion Sono kompromisslos vor, um sein Publikum zu provozieren. Der Thriller wartet mit verschiedenen unerwarteten Wendungen auf und konterkariert geschickt die Erwartungen. Wer schließlich genau Opfer und wer Täter ist, bleibt ungeklärt. Der Film ist für jeden, der für Absurdes, und Surrealistisches empfänglich ist, ein unvergessliches Erlebnis – eine Flut aus Bildern- und Emotionen, die man sich wünscht, einmal auch auf der großen Leinwand zu sehen zu bekommen.

Teresa Vena

The Forest of Love„, Regie: Sion Sono, Darsteller: Kippei Shiina, Shinnosuke Mitsushima, Kyoko Hinami, Eri Kamataki, Sei Matobu, Denden

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