„The Look of Silence“ von Joshua Oppenheimer



Oppenheimer formuliert in „The Look of Silence“ eine zentrale Frage: Wie lebt es sich in dieser menschenfeindlichen Umgebung? Um Antworten zu finden, macht sich der Regisseur auf, zu den Tätern von einst, um nach Moral, Gewissen und Versöhnung zu suchen. Adi, dessen Bruder Ramli eines der bekanntesten Opfer jener Zeit ist, konfrontiert die Täter von einst mit ihrer blutigen Vergangenheit. Er selbst kam erst zwei Jahre nach dem Mord am Bruder auf die Welt. Doch auch er zählt sich zu den vielen Opfern. Es gibt jedoch einen Unterschied zwischen ihm, den vielen anderen Opfern und seinem Bruder: Der Mord an Ramli ist das einzige Verbrechen, zu dem es tatsächlich Zeugen gibt.

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Unaufdringlich und sehr behutsam verfolgt Oppenheimer den Weg Adis und dessen Begegnungen mit den Tätern von einst, die er zart und mit ungeheurer Vorsicht mit dem Leid seines Bruders und so vieler Menschen konfrontiert. Dabei wühlt sich der Film in die Eingeweide des Zuschauers, der nicht begreifen kann, wie sich diese Form der Gewissenlosigkeit, Unmenschlichkeit und Uneinsichtigkeit so lange halten konnte und erst nach 46 Jahren ein sehr zaghafter Versuch unternommen wird, das Schweigen zu brechen. Die Dimension der bis heute existierenden Angst erwischt den Zuschauer noch einmal kalt, wenn am Ende der Abspann über die Leinwand fährt. Unendlich viele Menschen waren am Film beteiligt. Doch niemand gibt sich namentlich zu erkennen. Ein wahrhaftig wahnsinniges Porträt über Unmenschlichkeit und Menschlichkeit. „Anonymous, thank you!“ (Tim Roth)

SuT

The Look of Silence„, Regie: Joshua Oppenheimer, Kinostart: 1. Oktober 2015

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