„Wolfskinder“ von Rick Ostermann


"Wolfskinder" von Rick Ostermann blickt zurück auf ein trauriges Kapitel deutscher Geschichte. Foto: Zoom Medienfabrik

„Wolfskinder“ von Rick Ostermann blickt zurück auf ein trauriges Kapitel deutscher Geschichte. Foto: Anja Lehmann

Hunger und Instinkt

„Wach auf. Mutti ist tot.“ Hans öffnet die Augen. Der Körper neben ihm ist kalt, steif und schmutzig. Gestern Nacht war er noch warm. Gestern Nacht hatte die Mutter gesagt, Hans und Fritz sollen gemeinsam nach Litauen gehen. Dort gäbe es eine Familie, die für die beiden Brüder sorgen würde. Die Mutter war krank und wollte nachkommen, sobald es ihr besser ginge. Dann sind sie aneinandergeschmiegt eingeschlafen. Jetzt ist die Mutter tot.

Es ist das Jahr 1946. Hans und Fritz leben als Wolfskinder in Ostpreußen. Der Krieg hat Armut und Hungersnot über die Bevölkerung gebracht, die Rote Armee hat das Land besetzt und macht Jagd auf die wenigen Überlebenden. Tausende Kinder haben ihre Eltern verloren und durchstreifen in kleinen Gruppen die Wälder und Dörfer auf der Suche nach Nahrung und Obdach. Ihr Alltag ist vom nackten Überleben bestimmt. Unter ihren zerrissenen und verdreckten Kleidern verbergen sie ihre ausgemergelten Körper und ihre blutenden Wunden. In ihren Gesichtern hat sich der Schmutz eingebrannt. Eine glückliche Kindheit kennen sie nicht. Sie kennen nur den Krieg und das, was er übrig gelassen hat.

Der Begriff Wolfskinder bezeichnet verwaiste Kinder und Jugendliche, die nach 1945 von Ostpreußen nach Litauen, Lettland oder Weißrussland flüchteten und versuchten, dem drohenden Hungertod in ihrem Land zu entgehen. Eine vergessene Generation, die schutzlos und verwahrlost umherirrte, wissend, dass der Tod durch Hunger oder Erschießen stets nur einen Schritt hinter ihnen war. Kinder, die durch unmenschliche Umstände zu entmenschlichten Kreaturen wurden, verroht und vertiert, zurück- und alleingelassen. Die Wenigen, denen die Flucht gelungen ist, mussten in ihrer neuen Heimat ihre alte Herkunft verschleiern und eine neue Identität annehmen.

Hier einige Eindrücke vom Film…

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