„Zweite Chance“ von Susanne Bier

„Zweite Chance“ thematisiert auf eindrückliche Weise extreme menschliche Emotionen. Der Verlust eines Kindes als tiefes Trauma steht im Vordergrund der Geschichte. Die Frage, inwieweit eine solche Belastung ein falsches oder unmoralisches Verhalten entschuldigt oder zumindest relativiert, will Bier in ihrem Film stellen. Der Zuschauer soll über seine eigenen Wertevorstellung nachdenken.

Mit „Zweite Chance“ knüpft die Regisseurin nicht nur inhaltlich, sondern auch formal an „Open Hearts“ (2002) an, der erste gemeinsame Film von Bier und Jensen. „Zweite Chance“ folgt den ästhetisch den Dogma-Prämissen. Durch die Konzentration auf wenige Schauplätze und einer Vorliebe auf Nahaufnahmen gleicht er einem Kammerspiel. Musik wird nur sparsam eingesetzt und insbesondere dann vermieden, wenn die Dialoge ihr ganzes Gewicht entfalten sollen.

„Zweite Chance“ vereint mit Bier und Jensen zwei der bekanntesten dänischen Filmautoren sowie verschiedenen der bekanntesten Darsteller des Landes in einem Werk, eine bezeichnende Tatsache für die zwar kleine, aber international angesehene dänische Szene. Jensens Stärke liegt allerdings mehr in den Filmen, in denen er meist selbst Regie führt und die trotz ernster Handlung immer eine ironische, schwarzhumorige Ebene besitzen („In China essen sie Hunde„, 1999, „Blinkende Lichter„, 2000, oder auch „Adams Äpfel„, 2005).

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Biers Film weist Schwächen, wie das versöhnliche Ende, auf, die insgesamt auf den Konflikt zurückgehen, einerseits eine schockierende Impression erzeugen und andererseits eine lineare Handlung erzählen zu wollen. Klare Stärke sind die Schauspieler, wobei die Leistung von Nikolaj Lie Kaas die der anderen, allen voran des in Hollywood akklamierten Nikolaj Coster-Waldau („Game of Thrones„), in den Schatten stellt. Einmal mehr beweist der Däne seine Wandlungsfähigkeit und sein Talent.

Teresa Vena

„Zweite Chance„, Regie: Susanne Bier, Darsteller: Nikolaj Coster-Waldau, Nikolaj Lie Kaas, Ulrich Thomsen, Maria Bonnevie, May Andersen, Kinostart: 14. Mai 2015