Zusammenspiel auf Zeit – Localize Nachlese


LOCALIZE

Mit einer Auswahl von elf Kurzfilmen, die es zwar nicht in den offiziellen internationalen Kurzfilmwettbewerb geschafft hatten, dem geneigten Publikum aber trotzdem nicht vorenthalten werden sollten, endete am Sonntag, den 4. Juli 2010, Localize – Das Heimatfestival.

Leider verirrten sich jedoch nur wenige Liebhaber des Kurzfilms in die Räumlichkeiten des Potsdamer Filmmuseums, um den ausgewählten Werken zum Thema: „Zusammenspiel auf Zeit“ beizuwohnen. Ziel des Veranstalters war es, „das überschwängliche Wir-Gefühl im Fußball-WM-Sommer 2010 zu hinterfragen und dessen Relevanz in Bezug zu temporären Heimaten zur Diskussion zu stellen“.

Demzufolge richtete sich der Fokus nicht auf die alles verschlingende „Schlandomanie“ als übergeordneter Fixpunkt für „Heimat„, stattdessen stand das Individuum im Mittelpunkt der zumeist dokumentarisch verfassten filmischen Beiträge. Als exzellentes Beispiel ist hier das Werk von Korbinian Dufter zu nennen: Musik und ein bisschen Melone. In diesem, mit dem Jury- und Publikumspreis prämierten Film, wird eine Gruppe blinder Musiker vorgestellt und aufgezeigt, dass „Heimat“ manchmal auch in so etwas Abstraktem wie einem Synthesizer stecken kann.

Teil der Betrachtung „Heimat als ein Projekt auf Zeit“ war für viele Künstler der Faktor Einsamkeit. In einer Zeit, da Flexibilität schon fast als positive Charaktereigenschaft verklärt wird, befindet sich auch das, was jeder für sich mit Heimat assoziiert in einem permanenten Wandel. Heimat entsteht, vergeht und entsteht von Neuem. Zwischenmenschliche Beziehungen bleiben dabei oft auf der Strecke. Stellvertretend für mehrere Werke, die sich dieser Problematik angenommen haben, soll hier der Kurzfilm von Marisa Middleton Herr Baranowsky sucht sein. Herr Baranowsky verließ 1989 Ost-Berlin in Richtung gelobtes Land und landete in Stuttgart.

Dem Abbruch aller Kontakte in die alte Heimat folgte der soziale Absturz in der Neuen. Herr Baranowsky wohnte fortan in einem Zelt an der Autobahn (Lärm gegen Stille und Einsamkeit) und Teil seiner neuen Heimat war ein massives Alkoholproblem. Doch sein persönliches Schicksal wendete sich zum Guten. Die zwei entscheidenden Faktoren waren eine geregelte Tätigkeit und noch wichtiger, die Kontaktaufnahme zu seiner Tochter. Für Herrn Bandowski ist Heimat gleichbedeutend mit Familie, und die Suche nach dieser speziellen emotionalen Geborgenheit der Antrieb für sein Tun. Leider wurde in einigen Szenen nicht klar, ob man mit oder über diesen Mann lachen soll, wenn er ein wenig unbeholfen versucht, sein persönliches Glück zu finden.

Mit der Zusammenstellung der Kurzfilme, die dem Wettbewerb vom 1. Juli tatsächlich in nichts nachstand, gelang den Localize-Machern ein würdiger Abschluss des Festivals. Obwohl an diesem Abend ruhig ein paar mehr Zuschauer den Weg in den Kinosaal des Filmmuseums Potsdam hätten finden können. Man wünscht sich für die kommende Ausgabe ein paar mehr Filme dieser Qualität.

Mathias Klein

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