Ulrich Weiß-Filmreihe im Arsenal


Weiß Film "Miraculi"

Weiß Film "Miraculi"

Noch immer ist die Filmgeschichte der DDR nicht nur West-Sozialisierten nur teilweise bekannt. Jenseits der Klassiker der 1960er und 1970er Jahre wie „Nackt unter Wölfen“ (Frank Beyer, DDR 1962), „Ich war neunzehn“ (Konrad Wolf, DDR 1968) oder „Solo Sunny“ (Konrad Wolf, DDR 1980) ist die Karte voller weißer Flecken. Für zwei Bereiche trifft das besonders zu: den Dokumentarfilm der DEFA ab 1970 und die Spielfilme der 1980er Jahre. Beides sind genau die Felder in denen Ulrich Weiß gearbeitet hat, dem das Arsenal seit 15. September die Filmreihe „DEFA-Maverick: Die Filme von Ulrich Weiß“ widmet. Am Dienstag und Donnerstag sind noch einmal drei der Filme zu sehen. Das Programm zur Reihe findet sich: hier.

Nach dem Studium Kamera und Regie beginnt Weiß in der von Karl Gass geleiteten Dokumentarfilmgruppe Dokumentationen zu drehen, die so gar nichts bräsig-durchkonformiertes haben: „Montage adé“ beispielsweise, 1971 gemeinsam mit Eduard Schreiber realisiert, ist ein in seiner schlicht-bewußten Gestaltung beeindruckendes Porträt eines jungen Brigadiers. Als der Film auf dem Dokumentarfilmfestival in Leipzig lief, verpasste Karl Gass dem Film einen zusätzlichen eingesprochenen Kommentar – das unvermittelte Aufeinanderprallen des intelligenten sensiblen Films mit dem platt-ideologischen Kommentar geben noch heute einen Eindruck von der Ungewohntheit solcher Filme.

In den anschließenden Produktionen wie dem im folgenden Jahr anläßlich des 175. Geburtstags von Heinrich Heine entstandenen „Meine Waffen sind nicht gebrochen – nur mein Herze brach“ (Ulrich Weiß, DDR 1972) wird Weiß dafür deutlich Mythen an sich selbst zerbrechen zu lassen. Weiß Porträt Heines geht aus von der Bedeutung des Dichters für Menschen heute. Er befragte Dichter wie Tschingis Aimatow, den französischen KPF-Funktionär Jacques Duclos, einen Germanistikprofessor, aber auch den Leiter der Heinrich-Heine-Jugendherberge in Bautzen. Heraus kommt ein Porträt, das die Bedeutung Heines gegen seine Erstarrung zum Mythos verteidigt. Ganz ähnlich verfährt Weiß wenn er zwei Jahre in „Potemkin frei“ (Ulrich Weiß, DDR 1974) später die zeitgenössischen Auseinandersetzungen um Eisensteins „Panzerkreuzer Potemkin“ betrachtet.

Weiß‘ Spielfilmdebut wird die Adaption des Jugendbuches „Tambari“ von Benno Pludra. „Tambari“ erzählt die Geschichte eines Generationenkonflikts in einem Fischerdorf an der Ostsee. Als der Weltenbummeler Luden Dassow kurz nachdem er in sein Heimatdorf zurückgekehrt ist , stirbt, hinterläßt er den Fischern seinen Fischkutter „Tambari“. Da keiner das Boot haben will, rottet es vor sich hin, bis Jan Töller (Frank Reichelt) mit Freunden beschließt, das Boot wieder aufzubauen. Kurz bevor sie fertig sind, fegt ein Sturm die Reusen der Fischer weg und läßt das Dorf mit einem Berg Schulden zurück. Die Fischer nehmen den Kindern den Kutter wieder weg. Weiß‘ leicht melancholischer Film nähert sich behutsam dem Traum der Jugendlichen vom Ausbruch aus der beklemmenden Enge des Dorfes und dem Traum vom Wegfahren.

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