4. British Shorts im Zeichen der Vitalität


Filmszene: "Procrastination"

Filmszene: "Procrastination"

Berlin und die kurzen Briten

Dass der kurze Film bereits zahlreichen Regisseuren, erwähnt sei hier etwa Florian Henckel von Donnersmarck mit seinem Schwarz-Weiß-Jump ’n‘ Run „Dobermann„, den Weg zu einer Langfilm-Karriere geebnet hat, ist kein Geheimnis. Trotzdem werden die Shorts noch immer von vielen übersehen. Und das vollkommen zu Unrecht! Anhand einer nationalen Kurzfilm-Szene lässt sich ein interessantes Stimmungsbarometer zukünftiger Filmschaffender ablesen. Kurzfilme sind zudem unmittelbarer in ihrer Themenwahl und können aufgrund ihrer geringeren Produktionsphase schneller auf brisante Aspekte des Zeitgeistes reagieren. Weniger Kosten bedeuten auch weniger Risiko für Investoren, bedeuten mehr Experimentierfreude und generieren eine stärkere Divergenz. All das sind Gründe, den großen Bruder Spielfilm mal ungestört in der Werkstatt arbeiten zu lassen und einen Blick in die bunte Bastelstube der kleinen Schwester zu wagen.

Eine ganz ausgezeichnete Gelegenheit hierfür bietet sich vom 14. bis 17. Januar bei den vierten British Shorts des Lichtspielklubs. An zwei Spielstätten, der Schaubühne am Lehniner Platz und dem Sputnik Kino am Südstern, entfaltet sich in einem umfangreichen Film- und Rahmenprogramm britische Filmkultur mit exzentrischen Höhepunkten.

Aber was tut sich dort eigentlich auf der Insel? Es gab Grund zur Besorgnis: Die britische Regierung schloss unlängst das UK Film Council, die Filmförderung wurde erst im Jahr 2000 gegründet, die regionale Förderanstalt Screen East kränkelte und die Verfilmung des letzten Harry Potter Buches hätte man am liebsten auf fünf Filme verteilt. Pure Verzweiflung im Vereinten Königreich? Ein Blick in das Festivalprogramm gibt Antworten: Ja, der Stoff ist mitunter recht schwer geraten („Words that Echo“ zeigt HIV-positive Teenager in London, „Boxer“ erzählt das Leben eines Obdachlosen auf eine etwas andere Art), bestätigt aber in der Feststellung, dass bloße Popcornfutterei dann doch eher in den großen Sälen der Kinopaläste ansässig ist.

Filmszene: "My Beast Friend"

Filmszene: "My Beast Friend"

Dennoch läge nichts ferner als zu behaupten, die vier Festivaltage fänden ohne Amusement und Aufgekratzheiten statt. In „The Furred Man“ beispielsweise präsentiert sich dem Zuschauer ein Mordverdächtiger im Wolfskostüm, der sich mit komischen Techniken aus den Schlingen der Justiz zu befreien sucht. Tierfreunden wird in „My Beast Friend“ (Wie erkläre ich einer Katze, dass ich sie nicht mehr haben will?) das Herz bluten, während Liebhabern des gepflegten Schockmoments beim Anblick von Kunstblut in dem Spezialprogramm „Midnight Movies“ (ab 18 Jahren) das Herz hoffentlich eine Etage höher schlägt. Für das seelische Wohlbefinden bzw. den seelischen Ausgleich sorgen dann glücklicherweise Filme wie „Procrastination„, den wir euch vorweg als kleinen Appetithappen präsentieren (siehe Video). Und um die letzten Zweifel bezüglich des Diskurses Vitalität vs. Verzweiflung auszuräumen: Mit insgesamt sechs (!) Konzerten, einer crossmedialen Ausstellung und dem „The-City-Journey“-Festivalworkshop für interessierte DIYs unter der Anleitung der Regisseure John Digance und Dave Green, scheint den Machern das rosige Antlitz nicht nur aufgepudert zu sein. Von wegen Regen und Blässe!

Text: Carolin Weidner

4. British Shorts, 14. – 17. Januar, Schaubühne am Lehniner Platz, Sputnik Kino, www.lichtspielklub.de