achtung Berlin 2011: Festivalbericht


Filmszene: "Adams Ende"

Filmszene: "Adams Ende"

Jesus ohne Regung

Ein wohl eher ungewolltes Lifestyle-Filmwerk ist „Adams Ende„, mit Robert Stadlober als sinnsuchender Adam. Richard Wilhelmer schickt in seinem Debüt seinen Protagonisten auf eine Odyssee der Gleichgültigkeit und durch ein Berlin, das in keinem Moment ohne Klischee auskommt. Stilistisch wie dramaturgisch ist „Adams Ende“ ein unausgegorener Film, der sich weder zwischen seinen beiden männlichen Hauptdarstellern (Robert Stadelhober neben David Winter) entscheiden mag, noch welches Genre – Drama oder Psychothriller – er bedienen möchte. Genregrenzen müssen kein Dogma sein, es muss aber in einem gewissen Kontext für den Zuchauer erklärbar sein. Ein weiteres Problem ist die Figurenzeichung, Adam und seine Freude sind hippe Berlinbewohner, wie sie in Mitte und neuerdings in Kreuzberg wohnen – satt, nicht arm an Geld, im Grunde ohne Mangel. In dieser komfortablen Ausgangssituation sucht Regisseur Richard Wilhelmer den Konflikt: Junge Berliner, die sich am Leben langweilen, weil sie letztlich alles besitzen.

Der Konflikt mit sich selbst und die platzhalterische Langeweile gehören zum Konzept. Daran ist im Grunde nichts verwerflich, doch Wilhelmer zeigt anstatt Erwachsenen, die die Alltäglichlkeit für sich als Mangel in Anspruch nehmen, Erwachsene, die wie Teenager agieren. Unreflektiert und aus Unerfahrenheit heraus auf ihre Umwelt reagieren und nicht aus einer sozialen Bedingung, wie es der Film behauptet. Eine homoerotische Beziehung der Protagonisten wird zwar angedeutet, aber wie auch die Scheinprobleme wenig ausgearbeitet. Darüber schwebt ein Robert Stadelhober, der nur einen Gesichtsausdruck für sein Spiel zu kennen scheint, sich am Ende der Vorstellung im Filmtheater am Friedrichshain sichtbar ratlos neben seinem Team präsentiert und es nicht glauben mag, dass das Publikum keine Fragen stellt. Schweigen ist mitunter die schärfste Kritik.

Er ist es auch, der Nick Baker-Monteys messianischer Hauptfigur Julian in „Der Mann, der über Autos sprang“ ein ausdrucksloses Antlitz verleiht. Monteys Film lebt von der Idee der Überzeugung und der Richtigkeit dessen, einen Weg der Reinigung gehen zu müssen. Warum ein Gefallener, der sich von seinem Unglück durch Katharsis zu befreien sucht, gleich einen Erlöserkomplex entwickeln muss, das erklärt „Der Mann, der über Autos sprang nicht“ nicht. Dennoch ist Nick Baker-Monteys Film spannend, teils sogar amüsant erzählt. Auch wenn Stadelhober (schon wieder) nicht recht weiß, mit der Zwiespältigkeit seiner Person umzugehen.

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