Festivalbericht: sehsüchte 2011


Filmszene: "Ölücanlar – Dead Souls"

Filmszene: "Ölücanlar – Dead Souls"

Ein Alleinstellungsmerkmal des sehsüchte-Filmfestivals ist sicherlich die Sektion „Fokus“, die seit 2005 einen zumeist unverblümten Blick auf ein Land, deren Filmschaffende sowie deren „Wirklichkeit“ zulässt. In diesem Jahr blickte das Festival auf die Türkei. Das Land, das seit über 60 Jahren die Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union (und deren Vorgängern) anstrebt, befindet sich dabei in einem ständigen Konflikt zwischen Tradition und Moderne. Diese Intention wurde auch vermehrt von den türkischen Filmschaffenden aufgegriffen. Dabei verläuft die kulturelle Grenze nicht, wie viele zu glauben meinen, zwischen der Europäischen Union und der Türkei, sondern zieht sich quer durch das Land am

Bosporus, zwischen den westlich geprägten Großstädten und den wenige Autostunden entfernten ländlichen Regionen. Ein filmischer Beitrag, der sich diesem Thema in besonders sehenswerter, weil humoristischer Weise, annimmt ist „Usak Hesaci – The Usak Thing“ von Yusuf Emidar. Das komplette Gegenteil der humoristischen Darstellung ist die mutige und sehr bedrückende Dokumentation „Ölücanlar – Dead Souls“ von Murat Ozçelik. In dem völlig zu Recht mit dem „Fokus-Dialog-Preis“ prämiertem Dokumentarfilm verarbeitet Ozçelik seine Erlebnisse rund um das Massaker im türkischen Uluncanlar Gefängnis in Ankara und schafft damit ein Werk gegen das Vergessen.

Eine einschneidende Erneuerung beim sehsüchte-Studentenfilmfestival 2011 war die Einführung der digitalen Projektion. „Wir haben in diesem Jahr komplett auf digitale Projektion umgestellt, und es hat alles super geklappt. Damit sind wir eines der ersten Festivals, das bis auf die 35 mm-Kopien, die wir natürlich weiterhin zeigen, ausschließlich digital läuft.„, so Sarah Penger von der Festivalleitung. Auch die anderen Innovationen in diesem Jahr scheinen gut funktioniert zu haben. Der Shuttle zwischen den beiden Veranstaltungsorten (HFF Konrad Wolf und Thalia Programm Kinos) wurde vom Publikum gut angenommen. „Gerade die Lounge im HFF Atrium wurde von Filmemachern und Gästen zum Austausch genutzt und war bei Veranstaltungen wie der Drehbuch-Lounge bis auf den letzten Platz besetzt.„, so Penger weiter. Abschließend gefragt, nach ihrem persönlichen Highlight der letzten sieben Tage sagte sie: „Die Retrospektive Wim Wenders, der sich nach dem Screening von „Pina“  zwei Stunden Zeit für die Fragen der jungen Filmemacher nahm und faszinierende Einblicke in die Herausforderungen der 3D-Produktion gab.

Mathias Klein

Die Gewinner in der Übersicht

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