„Des Jours Plus Belles Que La Nuit“ von Jennifer Lyon Bell


Filmszene: "Des Jours Plus Belles Que La Nuit"

Filmszene: "Des Jours Plus Belles Que La Nuit"

Eigentlich besteht der artifizielle Reiz des Genres Porno in der Diskrepanz von gezeigtem Sex der Darsteller und dem erlebten Sex der Zuschauer. So ist der Sex im Porno im Schnitt leichter zu haben, dauert länger an, ist sportlicher, unsinnlicher und unfreiwillig komisch. Die Regisseurin Jennifer Lyon Bell möchte mit „Des Jours Plus Belles Que La Nuit“ diese Diskrepanz aufheben. Völlig ohne Schnitt wurde das Paar Wim und Floor durch sonnengeflutete, leere Räume in Belgien beim Austausch von Körperflüssigkeiten begleitet. Man merkt den Beiden eine Vertrautheit an, die Schauspielern in diesem Genre meist fehlt und vielleicht auch fehlen sollte. „Des Jours Plus Belles Que La Nuit“ ist, bei aller gezeigten Zärtlichkeit, die die Beiden an den Tag legen, ziemlich schwere Kost. Die Arbeit mit einer Handkamera und die wie willkürlich eingesetzte Musik verstärken diesen Eindruck. So setzt nach acht Minuten Rumgeknutsche ein elegischer, sieben Minuten andauernder Folksong ein. Nach ganzen 18 Filmminuten (mittlerweile sind beide in Unterwäsche) folgt ein Ambientstück. Es lässt sich dramaturgisch nicht herleiten, warum nun nach sieben Minuten ein Folksong und nach 18 Minuten ein Ambientstück benutzt wurde. Die Auswahl ist beliebig. Jedenfalls ziehen sich beide nach 32 Minuten wieder an und haben dann noch einmal ab Minute 39 Geschlechtsverkehr im Bad.

Aufgrund der entstehenden Langeweile beim Zuschauer passiert hier etwas, was beim Porno sonst garantiert nicht passiert: Man beginnt, nach dem Grund des Ganzen zu forschen. Besichtigen die Beiden die erste mögliche gemeinsame Wohnung? Man weiß es nicht. Ist die  Großmutter gestorben und hat einem der Beiden ein Grundstück vermacht ? Man weiß es nicht. Man weiß es nicht, weil die beiden nicht miteinander reden. Sie reden noch nicht einmal Belangloses. Sie knutschen nur und nach langen ersten 25 Minuten kommt es sogar zum Koitus. Ein Grund, warum der Porno als Medium reizt, ist der Abstraktionsreichtum des Koitus. Oft ist er in diesem Genre bis zum Slapstick verzerrt. Ein weiterer Grund sind die grandios imbezilen Dialoge. Jennifer Lyon Bells Film fehlen nicht nur Abstraktion und Imbezillität, sondern auch ein vernünftiger Schnitt. Als Harvard-Absolventin der Psychologie und ausgebildete Filmwissenschaftlerin dürfte man da eigentlich mehr erwarten.

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