Quo Vadis Deutsches Kino?

Quo Vadis Deutsches Kino?


Til Schweiger macht erfolgreichen Deutschen Film. "Zweiohrküken" (Filmszene) spielte in Deutschland 29,5 Millionen Euro ein.

Til Schweiger macht erfolgreichen Deutschen Film. "Zweiohrküken" (Filmszene) spielte in Deutschland 29,5 Millionen Euro ein.

Sieben Thesen zum deutschen Kino: Eine offene Diskussionsveranstaltung im Rahmen des 6. Berliner Independent Festivals „Around The World In 14 Films“.

Seine sieben Thesen zur „Rettung des deutschen Films“ hatte der Produzent Martin Hagemann (Zero Fiction Films) schon vor der Veranstaltung zusammengefasst und auf ein Handout drucken lassen. Die Latte war also hoch gehängt am vergangenen Abend des 2. Dezembers: Man traf sich auf dem Podium, um mögliche Reformen des deutschen Kinoförderwesens zu erörtern. Neben Hagemann waren Hanns-Georg Rodek (Kinoredakteur der „Welt“) und Rüdiger Suchsland (freier Journalist) anwesend. Moderiert wurde die Runde von Felix Neunzerling, Geschäftsführer der Medienagentur Zoom Medienfabrik.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Über die erste These („Der amphibische Film ist tot. Wir brauchen eine klare Trennung von Kino und Fernsehen. Als wirtschaftliche Definition gibt er vor, verkauft er Fernsehen als Kino“) kam man an diesem Abend kaum hinaus, auch wenn einige weitere Thesen später in der Diskussion selbstverständlich auftauchten, ohne als solche gekennzeichnet zu sein. Das mag auf den ersten Blick vielleicht als wenig ertragreiches Ergebnis erscheinen, lenkt beim näheren Betrachten aber den Fokus auf die eigentlich essentielle und primäre Frage, die sich jeder Filmschaffende stellen muss, bevor er in die doch recht wirtschaftspolitischen Untiefen des deutschen Filmförderwesens hinabsteigt: „Warum soll man überhaupt noch ins Kino gehen?“ Mit dieser Frage eröffnete Neunzerling denn auch die Podiumsdiskussion. „Weil Kino andere Geschichten erzählen kann und sollte als Fernsehen„, antwortet Hagemann prompt und hakt nach: „Das Fernsehen sollte sich aus dem Kino raushalten!“ Um dieses Statement gegen den „Amphibienfilm“, der aus wirtschaftlichen Gründen eingegangen Zweckehe zwischen Film und Fernsehen, zu bekräftigen, wirft er recht erschreckend nackt Zahlen in den Raum.

Diskussionsteilnehmer (v.l.n.r.): Martin Hagemann, Rüdiger Suchsland, Hanns-Georg Rodek, Felix Neunzerling

Diskussionsteilnehmer (v.l.n.r.): Martin Hagemann, Rüdiger Suchsland, Hanns-Georg Rodek, Felix Neunzerling

Von den eingezahlten 80 Millionen gibt die deutsche Filmförderung rund 50 Millionen für TV-Sender aus und rund 30 Millionen gehen an Töchter der Sendeanstalten. Bleibt denn nach dieser Rechnung tatsächlich gar nichts mehr übrig für Filme, die ausschließlich fürs Kino produziert werden, ohne später auf einem mehr oder weniger attraktiven Sendeplatz im Fernsehen noch einmal ausgepresst zu werden? Viel zu wenig, ist Hagemanns Meinung. Vor allem die Produzenten stehen viel zu weit weg vom Fördertopf und sollten – entgegen der TV-Redakteure, die es im Laufe der Jahre bis in die oberen Etagen der Entscheidungsträger geschafft haben – wieder stärker auf die Vergabe von Mitteln Einfluss nehmen können, ohne dabei hintenherum die Hand bei den Redakteuren aufhalten zu müssen. Seit 1989 sei die Vergabe für Fördermittel willkürlich und erfolge nach dem Zufallsprinzip, so Hagemann.

Warum wehren sich die Produzenten nicht mehr gegen diesen Missstand, das wundert Rüdiger Suchsland, der darüber hinaus nicht der Meinung ist, dass nicht zwingend jeder Film gefördert werden braucht. Schauspieler Til Schweiger muss nun für den Rest der Diskussion als Symbol für den „dummen, kommerziellen Blockbuster-Film“ herhalten, dessen Produktionen sich aufgrund des Referenzfördersystems in einer stetigen Aufwärtsspirale befinden und die daher für Suchsland nicht unbedingt eine Förderung brauchen, da sich Schweigers Produktionsfirma Barefoot Films ohnehin schon an Kassenschlagern wie „Keinohrhasen“ und „Zweiohrküken“ gesundstoße. Denn Filme, die einen bestimmten Betrag einspielen, bekommen mithilfe der Referenzpunkte für die nächste Produktion automatisch eine Förderung. Die Referenzförderung, so eine weitere Forderung Hagemanns, solle statt an die Zählung von Festivalpreisen und mindestens 50.000 Kinobesuchern lieber von Anfang an konsequent an jede einzelne verkaufte Kinokarte gekoppelt sein. So hätten auch Regisseure kleinerer Filme, die eben nicht an die 50.000-Besucher-Marke kämen eine echte Chance auf eine Weiterentwicklung. Suchsland lässt kein gutes Haar an Deutschlands Komödien-Hoflieferant Til Schweiger und Hanns-Georg Rodek greift das Beispiel dankbar auf: „Kino und Fernsehen müsste sich auch im Personal mehr voneinander unterscheiden.„. Die Tatsache, dass Schweiger nun auch im „Tatort“ zu sehen sein wird, gäbe den TV-Zuschauern einmal mehr das Gefühl: Warum soll ich noch ins Kino gehen, wenn ich die Schauspieler auch zuhause im Wohnzimmer sehen kann?“. Auch wenn für Moderator Felix Neunzerling im Gegensatz zu den beiden Journalisten Kino „alles“ ist, also Blockbuster, Kunst und Multimedia –  fasst er diesen Teil der Diskussion mit Zustimmung aller Gäste zusammen: „Es muss eine Machtverschiebung stattfinden, ganz klar.

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