Rückblick auf die Berlinale Shorts 2012

Kurze Filme, kurze Wertung


"The Man That Got Away" - Gewinner des DAAD Kurzfilmpreises

"The Man That Got Away" - Gewinner des DAAD Kurzfilmpreises

Ob nun Fiktion, Dokumentation, Animation oder Experimentelles, beim Kurzfilm ist ja bekanntlich alles erlaubt, solange es irgendwie innerhalb von ein paar Minuten Platz findet. Sich kurz zu fassen, ist eben auch eine Kunst. Ob künstlerisch anspruchsvoll oder nicht, darüber schien beispielsweise bei der Vorführung des Musikvideos „ZOUNK!“ (Billy Roisz) das Publikum geteilter Meinung zu sein. Gerade mal knappe sechs Minuten lang ballerten neonfarbende Quer- und Längsstreifen über die Leinwand hinweg, während der Song „Eisenwalzer“ von Broken.Heart.Collector rhythmisch sein Übriges tat und das Publikum in einen LSD-Trip-artigen Zustand versetzte. „Buh!“ rief es da hinterher aus einer Ecke, der Kritiker war aber nicht auszumachen, Augen und Hirn mussten dieses audiovisuelle Happening erst einmal verarbeiten.

Gewonnen haben dann aber doch Filme, die lieber ein längeres Minutenpensum für sich nutzten. Die Jury, bestehend aus der Künstlerin Emily Jarcir, der Schauspielerin Sandra Hüller und dem Filmemacher David Oreilly – bei letzteren ziert auch schon ein Bär den Kaminsims –, vergaben den DAAD Kurzfilmpreis an Trevor Anderson für „The Man That Got Away„. Anderson setzte mit seinem Beitrag eine persönliche Geschichte um, die im Musical-Format von dessen Großonkel Jimmy erzählt. Jimmy, der schon in seiner Kindheit seine Homosexualität erkannte, sah sich allerdings damals inmitten der kanadischen Kleinstadtprüderie einer Welt ausgeliefert, in der sein Anderssein keinen Platz hatte, weshalb es ihn letztlich in die Großstadt zog. Aufgrund der „herausragenden Musik und Choreographie“, wie die Jury wohlwollend feststellte, konnte sich „The Man That Got Away“ schließlich gegenüber der Konkurrenz durchsetzen.

Freuen konnte sich auch die Schöpferin von „Vilaine Fille Mauvais Garçon“ („Two Ships„), da Justine Triets Beitrag eine Nominierung für den Besten Europäischen Kurzfilm davontrug, was ihr gleichzeitig die Teilnahme am Europäischen Filmpreis im Dezember diesen Jahres bescheinigt. „Vilaine Fille Mauvais Garçon“ berichtet vom Pariser Nachtleben, in welcher der junge, aber faule Künstler Thomas, der ständig zu kurze Hemden über seiner Bierplauze trägt, auf die exzentrische Laetitia trifft, die ihr Geld als Warm-Up-Comedian verdient. Nach wenigen Minuten lassen sich schon Parallelen zum Berliner Nachtleben ziehen, dieselben ranzigen Parties, dieselben merkwürdigen Wohngemeinschaften, dieselben Gründe, für eine Nacht das Bett zu teilen. Denn so richtig will keine romantische Stimmung zwischen den beiden aufkommen, wenn er nur rumsteht und sich volllaufen lässt, während sie ihre Charaktereigenschaften und persönlichen Probleme episch ausbreitet. Möglicherweise sind ja, nach Aussage der Jury, beide Figuren auf der Suche nach einem „Moment der Leichtigkeit“, allerdings ist diese Begegnung so unspektakulär, dass es einem als Zuschauer irgendwie ziemlich egal ist, ob sie den nun finden werden oder nicht. Filme sollen schließlich mit außergewöhnlichen Geschichten begeistern, nicht mit solchen, die sich dutzendfach jedes Wochenende auf einer WG-Party zutragen.

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