Sorgenkind deutscher Kinderfilm
Sprichwörtlich in den Kinderschuhen
Seit 2005 gibt es bald an die 30 Neuverfilmungen klassischer Märchen und ein Ende scheint nicht in Sicht, von den ärgerlichen Doppelverfilmungen von ARD und ZDF, mit denen sich die Sender unnötig Konkurrenz machen und der einseitigen inhaltlichen Unterhaltung mal ganz abgesehen. Doch bei den Zuschauern sind sie ein Dauerbrenner, obwohl den wie am Fließband produzierten Neuverfilmungen fast jeder Zauber ausgetrieben wird. Kleinbürgerlich, verstaubt und magielos flimmern viele dieser Filmchen ohne jedes Gespür für Kamera, Licht oder Schauspiel über den Fernsehschirm. Zu Recht werden die Sender von Politik, Filmpädagogen und Medienkritikern gescholten und müssen sich die Frage gefallen lassen, ob das wirklich schon alles sei, was den Heranwachsenden geboten werden kann. Anders der Kinofilm, so Margret Albers, Geschäftsführerin der Stiftung Goldener Spatz und Leiterin des gleichnamigen Kinderfilmfestivals in Erfurt. Sie glaubt, dass sich im Kino bereits einiges für den Kinderfilm getan hat. „Es gibt nicht mehr den pädagogischen Zeigefinger und belehrenden Impetus.“ Die überaus erfolgreichen Filme wie „Vorstadtkrokodile“ oder auch „Wicki und die starken Männer“ würden beweisen, dass sich Kinder im Kino auch amüsieren können. Doch auch hier bleibt die Frage, ob das schon alles ist.
Anfang des Jahres hatten sich mit „epd“, „filmdienst“ und der Münchener „Kinder Jugend film Korrespondenz“ drei wichtige Filmpublikationen zusammengetan, um vor der anstehenden Novellierung des Filmfördergesetztes (FFG) dem Kinderfilm in Deutschland den Rücken zu stärken. Autor Holger Twele beklagt darin zum Beispiel das überalterte, unflexible und rigide System der Altersfreigabe, die FSK-Regelung, die auf einem Alterstufenmodell der 50er Jahre basiert und längst überholt sei. Tiefgreifende Änderungen diesbezüglich scheitern oftmals an der Uneinigkeit einzelner Bundesländer bezüglich des Verständnisses von Jugendschutz. Twele plädiert deshalb für eine Einbeziehung der Kinderrechtskonventionen der Vereinten Nationen in die Debatten, auch um Unklarheiten zu beseitigen und zitiert u.a. Artikel 17. In dem heißt es, dass „Kinderbücher und Kinderprogramme so zu fördern seien, dass Kinder ein möglichst umfassendes Bild unserer Welt bekommen“. Es sei höchste Zeit, so Twele, „dass der Jugendmedienschutz diese Konvention und die Kinder […] ernst nimmt und sie nicht aus reiner ´Pflichterfüllung´ vor Dingen schützen möchte, die ohnehin einem stetigen Zeitwandel unterliegen.“ Möglicherweise verlangen gerade diese veralterten Richtlinien nach ausschließlich eskapistischen Tendenzen, die für den deutschen Kinderfilm immer noch so charakteristisch sind und derer wegen sich junge Regisseure oder Produzenten kaum an originäre Stoffe heranwagen.