„Alles wird besser“

Quo Vadis deutsches Kino? - Alles wird besser


Rüdiger Suchsland und Felix Neunzerling

Rüdiger Suchsland und Felix Neunzerling, Foto: Around The World in 14 Films

Die offene Podiumsdiskussion „Quo Vadis deutsches Kino?“ findet jedes Jahr auf dem Festival Around the World in 14 Films statt. Zur 7. Ausgabe des Festivals traf sich am Donnerstagabend (06.12.) Felix Neunzerling (Geschäftsführer der Medienagentur Zoom Fabrik) mit dem Filmkritiker Rüdiger Suchsland. Ein Platz blieb frei: Der Filmkritiker Josef Schnelle  (Deutschlandfunk) war mit der Sichtung für ein „anderes großes Berliner Filmfestival“ beschäftigt, entschuldigte Neunzerling den Filmkritiker.

Felix Neunzerling eröffnete die Veranstaltung mit einer positiven Bilanz des Kinojahres 2012: „Alles wird besser“, verkündete er launig, um dann auf einen Besucherwachstum von 2 Prozent hinzuweisen. Die erfolgreichsten Filme „Türkisch für Anfänger“ und „Rubbeldiekatz“ seien zwar mal wieder im Mainstream-Bereich angesiedelt, dafür aber hätten künstlerisch ambitioniertere Filme wie „Oh Boy“ oder „Die Wand“ sehr erfreuliche Starts gehabt. Mit „Oh Boy“ oder auch „Kriegerin“, so waren sich sowohl Publikum als auch Referenten einig, seien endlich mal wieder „gute Filme mit guten Zahlen“ in den deutschen Kinos. Apropos deutscher Film: Die erstaunlich hohen Herstellungskosten, die Filme wie Detlev Bucks „Die Vermessung der Welt“  oder Tom Tykwers „Cloud Atlas“  (um die 100 Millionen) generieren, in dem sie als Koproduktionen auf den internationalen Markt gespült wurden, bezeichnete Filmkritiker Rüdiger Suchsland schlicht als „Millionengräber“. Über 50 Prozent der deutschen Produktionen im Jahr 2012 seien Koproduktionen gewesen, wobei Neunzerling vor allem diejenigen Filme Sorgen machen, die nur einen kleinen Anteil an deutschen Geldern einstreichen. Diese „minoritären Koproduktionen“ machen sich zwar auf der Liste in Cannes gut, wenn es wieder heißt „26 Filme in Cannes sind aus Deutschland“, doch dass dabei allerhöchsten ein bis zwei auch unter deutsche Regie mit deutschen Schauspielern produziert wurden, ist nach wie vor selten. Und fast noch schlimmer: Diese Filme würden dann den Produktionen, die tatsächlich in Deutschland geschrieben, gedreht, produziert und postproduziert werden, das Wasser beziehungsweise das Geld abgraben: „Rettungsschirm deutsche Koproduktion“ nannte Neunzerling dieses Phänomen lakonisch und erntete Lacher. Tatsächlich sei nach einer Evaluierung der deutschen EU-Filmförderung eine deutsche Filmförderung wirtschaftsfördernd – „Wollen wir das?“, fragt Neunzerling in die Runde.

Überhaupt, viel PR – schlechter Film, so urteilte Neunzerling über die „Die Vermessung der Welt„, womit er auch gleich zum Kernthema der Diskussion vorstieß, dem „Wahrnehmungsproblem“, was der deutsche Film momentan nicht nur im Ausland, sondern vielmehr im Inland habe und dort besonders bei einer Institution – der Deutschen Filmakademie. Wie schon bei der vergangenen Ausgabe der Veranstaltung gab es wieder ein Papier, was die bis dahin eher routiniert vor sich hin plätschernde Runde für einige Minuten zu einer hitzig geführten Debatte werden ließ: Ein Offener Brief war Mitte Oktober bei der Deutschen Filmakademie eingegangen (hier nachzulesen), unterschrieben von namhaften deutschen Filmkritikern wie Fritz Göttler, Katja Nicodemus oder Anke Westphal. Darin beklagten eben jene Kritiker die Vergabe des Filmpreises durch die Abstimmung der 1300 Mitglieder der Akademie. Der nun schon einige Jahre andauernde Vorwurf – zu dem sich übrigens in dem Brief keine neuen Aspekte dazu gesellen – lautet im wesentlichen, dass durch die Vermischung von Preisgeld (drei Millionen) und künstlerischer Auszeichnung wirtschaftliche und private Interessen zu stark vermischt würden. Die Frage: „Ist diese Vermischung von Förderungspolitik und der Auszeichnung künstlerischer Leistungen unverrückbar festgeschrieben? Liegt nicht hier schon die Wurzel aller Unzufriedenheit?“ wurde als Zitat aus dem Brief umgehend an einen Überraschungsgast weitergegeben: Neunzerling und Suchsland holten nun den Geschäftsführer der Deutschen Filmakademie Alfred Holighaus ins Boot, der sich bis dahin in der ersten Reihe des Zuschauerraums versteckt hatte.

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