British Shorts-Leiter im Interview

"Wir waren fast ein bisschen besorgt um die Briten."


Afarin Eghbals animierte Kurzdoku "Abuelas" erzählt von Kinderverschleppungen unter dem argentinischen Militärregime.

Afarin Eghbals animierte Kurzdoku "Abuelas" erzählt von Kinderverschleppungen unter dem argentinischen Militärregime.

Das Filmfestival British Shorts widmet sich vom 11. bis 14. Januar wieder dem britischen Kino in Kurzform. Auch dieses Mal treffen große Namen (u.a. Martin Freeman, Michale Fassbender), aktuelle Siegerfilme der British Academy of Film and Television und des British Independent Film Award auf talentierte Neulinge und Filmstudenten. Wir haben uns mit drei der Organisatoren über die mittlerweile sechste Ausgabe des Festivals unterhalten.

Euer Archiv gibt Aufschluss darüber, dass die Festivalgeschichte von British Shorts bereits 2007 begann. Damals allerdings noch unter dem Titel „English Shorts“ im Moviemento. Warum der Namenswechsel und warum der Umzug ins Sputnik Kino?
Julia Elger: Diese erste Veranstaltung war weniger ein Filmfestival. Wir haben unter dem Titel „English Shorts“ zwei Abende lang Filme von Studierenden der University of Bedfordshire in England gezeigt – daher der Name. Wir hatten damals die Möglichkeit, die Filme im General Public, dem Urspungsort des Lichtspielklubs, zu zeigen. Das Screening im Moviemento hat sich aus dem Wunsch ergeben, die Filme auch einem Kinopublikum zugänglich zu machen. Als wir merkten, wieviel Spaß das Publikum hatte und wie groß das Interesse war, haben wir dann British Shorts veranstaltet und uns nicht mehr ausschließlich auf Studentenfilme einer Uni konzentriert sondern die ganze Bandbreite der geschaffenen Kurzfilme Großbritanniens gesucht. Als dann auch noch der Lichtspielklub ins Sputnik Kino umsiedelte, war klar, dass das der perfekte Ort für unser Festival ist.

Wie viele Einreichungen habt Ihr in den jüngsten Tagen des Festivals bekommen und wie viele sind es heute? Nach welchen Kriterien wählt ihr die Wettbewerbsfilme aus?
Jürgen Fehrmann: Die Anzahl der Einreichungen hat sich im Grunde mit jeder Festivalausgabe immer weiter erhöht. Dieses Jahr waren wir fast ein bisschen überwältigt von der Anzahl der Filme, die wir uns ja nach wie vor alle gemeinsam anschauen, um uns gleich austauschen zu können. Es ist allerdings völlig unmöglich zu sagen, was die Kriterien sind. Die ausgewählten Filme können uns aus völlig unterschiedlichen Gründen überzeugt haben, was letztlich zu dieser eigentümlichen Mischung aus hochprofessionellen Big-Budget-Filmen und schrägen No-Budget-Produktionen führt. Diese Mischung ist uns extrem wichtig. Und ich glaube, die Newcomer und Filmstudierenden, die mit ihren Filmen ebenso im Programm sind wie etablierte Filmemacher, finden es natürlich auch toll oder sehen es irgendwie als Chance, wenn sie im selben Screening zu sehen sind wie Judi Dench oder Michael Fassbender.

Wer ist dieses Jahr Eure Jury?
Andrea Stosiek: Der Dokumentarfilmer George Lindt, der in den letzten Jahren mit seinen Musikdokus „Beijing Bubbles“ und „Wir werden immer weitergehen“ auf sich aufmerksam gemacht hat, die Regisseurin Cynthia Beatt, die zum Beispiel für ihre Zusammenarbeit mit Tilda Swinton bekannt ist und der Schauspieler Axel Hartwig, der in diesem Jahr mit „Puppe, Icke und der Dicke“ und „Beziehungsweisen“ im Kino zu sehen war. Wir haben bewusst Leute aus sehr unterschiedlichen Zusammenhängen gefragt und sind natürlich selber extrem gespannt, was dabei rauskommt.

British Shorts setzt sich vor allem durch sein umfangreiches Rahmenprogramm mit verschiedenen Bands und Künstlern von anderen Festivals ab. Was kann und soll die Musik innerhalb eines Festivals leisten, das sich doch eigentlich um Filme dreht?
Jürgen Fehrmann: Schon bevor wir British Shorts veranstaltet haben, haben wir mit dem Lichtspielklub versucht, Filme nicht nur im üblichen Kinozusammenhang zu zeigen – von der DJ-Livevertonung im Club über Super-8-Filmkonzerte bis zum Filmscreening in der Markthalle Moabit bei laufendem Betrieb. Von diesem Wunsch, dem klassischen Kinobesuch mit seinem gewohnten Ablauf noch etwas hinzuzufügen oder ihn in einen neuen Zusammenhang zu setzen, ist anscheinend irgendwas hängengeblieben und deshalb kann man bei uns nach dem Screening gern einfach dableiben, sich die Ausstellung mit Experimentalfilmen, Zeichnungen und Fotos im Sputnik anschauen, Konzerte oder Partys erleben, beim Workshop mitmachen, einfach in der Festivalbar rumlungern oder sogar beim Open Screening eigene Filme zeigen und auf die eine oder andere Art selber Teil des Festivals werden.

Welche Themen und Motive ziehen sich in diesem Jahr auffällig durch Euer Programm? Welche Gemeinsamkeiten von Beiträgen konntet ihr schon beim ersten Sichten ausfindig machen?
Andrea Stosiek: Als es mit dem Sichten losging, hatten wir irgendwann den Eindruck, dass es in jedem dritten Film um den Tod geht. Das war irgendwie in allen Facetten und Genres von Komödie bis Doku vertreten und wir waren fast ein bisschen besorgt um die Briten. Aber das war offenbar nur Zufall und hat sich nicht nachhaltig im Programm niedergeschlagen – außer vielleicht in unserem Horror-Special.

Jürgen Fehrmann: Als kleinen Trend könnte man vielleicht noch nennen, dass das Genre „Dokumentarfilm“ weiter seine Grenzen in alle Richtungen auslotet. Da ist der Film „Abuelas“ das beste Beispiel. Er erzählt von den Kinderverschleppungen unter dem argentinischen Militärregime und vermischt Elemente aus Doku, Animation und Drama. Der Dokumentarfilm war uns ja sowieso von Anfang an sehr wichtig und das wird wieder mit täglichen Doku-Specials gewürdigt.

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