Interview mit “Nach Wriezen”-Regisseur Daniel Abma

"Ein Moment des Auswertens"


Imo ist auf der Suche nach einem geregelten Leben und ein wenig Normalität.

Imo ist auf der Suche nach einem geregelten Leben und ein wenig Normalität.

Wie hast Du Imo, Marcel und Jano ausgewählt?
Ein Freundin von mir, Kirsten Mohri, sie ist Theaterpädagogin, hatte ein neues Projekt in der JVA mit zehn Jugendlichen gestartet. Ich konnte dabei immer anwesend sein und so die Jungs beobachten und mit ihnen sprechen. Da habe ich dann hauptsächlich mein Bauchgefühl sprechen lassen und geschaut, zu wem ich einen guten Draht habe, beziehungsweise wer mich am meisten interessiert hat. Und klar habe ich auch nach ihren Hintergründen geschaut. Ich wollte drei unterschiedliche Geschichten erzählen.

Drei Jahre im Leben eines Menschen. Das sind 1095 Tage. Du hast also viel Zeit mit ihnen verbracht, Glück und Leid erfahren. Kannst Du eine Linie zwischen Dir als Filmemacher und dem Privatmenschen ziehen?
Wir wollten ursprünglich einen rein beobachtenden Film machen. Aber nach ein paar Monaten war dieses Konzept dahin, weil sich eine dezente aber spürbare Interaktion zwischen dem Filmteam und den Protagonisten entwickelt hat. Ich denke, dass sieht man dem Film auch an. Für mich war die Rückfahrt von Brandenburg nach Berlin nach den Drehs immer sehr wichtig. Das war immer ein Moment des Auswertens, in dem das Team den Tag hat Revue passieren lassen und wir über unmögliche wie krasse Situationen sprechen konnten. Das hat sehr gut getan.

Eine Kamera bedeutet Aufmerksamkeit. Wie viel Selbstdarstellung gab es bei Deinen drei Protagonisten?

Jano war schwierig. Er war immer „der“ Ghetto-Rapper, also sehr prominent und aufgekratzt und hat die Kamera oft eben nicht vergessen sondern ganz bewusst mit ihr gespielt. Wir haben uns im Schnitt dann entschieden, das mit in den Film einzubauen. Es gehört zu seiner Person. Bei Imo war das anders. Bei ihm war Selbstdarstellung kaum ein Thema. Zu ihm haben wir schnell einen Zugang gefunden.

Gab es Momente, in denen sie die Arbeit mit Dir abbrechen wollten?
Das war immer ein heikler Punkt – vor allem am Anfang bei ihren Entlassungen. Da wurde allen drei deutlich, dass es jetzt richtig losgeht und sie von einem Kamerateam auf der Straße begleitet werden. Das war nicht für alle einfach – mit Ausnahme von Jano. (lacht) Eine Situation haben wir in den Film genommen: Da stehen vor Imo´s Tür, der nicht aufmacht und uns stattdessen per SMS mitteilt: ´Wir haben kein Bock auf Kamera und euch´. Eine deutliche Ansage, die wir respektiert haben.

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