XPOSED International Queer Film Festival 2013

"Wir müssen Normen lustvoll unterwandern"


Programmleiter Michael Stütz

Programmleiter Michael Stütz

Vom 30. Mai bis zum 1. Juni geht das XPOSED International Queer Film Festival nun in die achte Runde und entführt seine Zuschauer dieses Mal schwerpunktmäßig in die österreichische Underground- und Experimentalfilmwelt. Michael Stütz, selbst Österreicher und mitverantwortlich für die diesjährige Programmauswahl, erzählt im Interview von queeren Grenzen und Entgrenzungen, Körperlichkeit als Ursprung politischer Ästhetik und dem Anspruch, normative Kinokonventionen spielerisch aufzubrechen.

Im letzten Jahr lag beim XPOSED der Schwerpunkt auf Nahost-Beiträgen, was mit einer vermehrten Thematisierung von Gender, Menschenrecht und Diskriminierung einherging. In diesem Jahr fokussiert ihr nun auf Österreich und euer Konzept klingt nach einer wilden, glamourösen, oft provokanten und zuweilen auch zukunftsutopischen Reise durch die Queerkultur. Wie kam es zu diesem Shift bei der Programmauswahl?
Die Idee entstand völlig spontan Ende letzten Sommer. Wir waren uns sehr früh darüber klar, dass der Programmschwerpunkt 2013 in eine ganz andere, eher experimentellere Richtung gehen sollte. Die Lust auf ein kuratorisches Abenteuer war groß, genauso wie der Wunsch ein Programm zusammenzustellen, das aufregend und provokant ist und die Lust am Ungewöhnlichen stillt. So kamen wir auf Österreich. Zugegeben, das Land ist nicht bekannt für seinen großen Output an Filmen, die für uns relevant sein könnten, jedoch waren wir uns der großen und kreativen Experimentalfilmszene bewusst. Und für diese Arbeit wurden wir mehr als belohnt. Ich muss sagen, dieses Programm zusammenzustellen war eine großartige Erfahrung und wir freuen uns sehr, dies mit dem Publikum und den Filmemachern zu teilen.

Wie habt ihr die Idee für den diesjährigen Trailer entwickelt? Schon im Trailer der letzten Ausgabe schien euch besonders die Darstellung, Fragmentierung und künstlerische Auseinandersetzung mit dem menschlichen Körper zu interessieren. Welche Rolle spielt Körperlichkeit im queeren Diskurs?
Wir können uns wahnsinnig glücklich schätzen, eine so talentierte Künstlerin wie Marion Habringer zur Seite zu haben, die sich verantwortlich für das Plakat und den grandiosen Trailer zeichnet. Der ganze Ruhm gebührt hier wirklich ihr. Die Filme standen zu dem Zeitpunkt bereits fest, Marion hat sich dann damit auseinandergesetzt und das Ergebnis kann man ja nun bewundern. Aber es war von Anfang an klar, dass wir den Körper wieder ins Zentrum rücken wollen. Das Spiel mit den Farben und Flüssigkeiten, das der Trailer aufgreift, ist eine klare Referenz an die Filme, aber auch an die Wiener Aktionisten wie Günter Brus. Bei deren Aktionen wurden der menschliche Körper und Sexualität bereits auf provokante Weise in den Mittelpunkt gestellt. Körperlichkeit ist ein zentraler Punkt für mich im queeren Diskurs. Wir werden ja ständig konfrontiert mit medialen Bildern von Körpern, Sexualität und Identität. Im Mainstream und gesellschaftlichen Alltag sind die Grenzen meist noch sehr eng gesteckt und es werden eher Klischees und Rollenbilder verstärkt, als kritisch hinterfragt. Davon abgesehen wird der weibliche Körper immer noch stark objektiviert und sexualisiert, und das ist in den meisten Fällen an den männlichen, heterosexuell-voyeuristischen Blick gekoppelt. Es ist daher enorm wichtig, sich mit filmischen Exkursen auseinanderzusetzen, die eben genau diese Bilder dekonstruieren und Machtstrukturen brechen, mag es durch den Einsatz des Körpers oder aber auch durch die Bearbeitung alten filmischen Materials sein. Es muss Raum gemacht werden für Ambiguitäten. Es muss experimentiert werden, die Normen müssen hinterfragt und lustvoll unterwandert werden.

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