Zurückgespult #2: Cannes

All die schönen Filme



Und doch keimte Hoffnung auf: Die Debütantin Katrin Gebbe steht immerhin mit „Tore tanzt“ neben Sofia Coppola in der Certain Regard! Das ist diese Nebenreihe da, die ist auch irgendwie wichtig. Plötzlich: Porträts der 29-Jährigen, Synopsen des Films über die Leidensgeschichte eines Jesus-Freaks. „Ich bin so aufgeregt! Wie wird die nationale und vor allem internationale Presse reagieren?“ fragte sich Gebbe im Cannes-Tagebuch der „Welt“. Verstört reagiert sie in Deutschland: Spiegel online etwa fand, dass der Film „eine Aneinanderreihung sich steigernder Gewaltakte (ist), für die es keine nachvollziehbare Motivation gibt.“ und moniert weiter: „Tore tanzt“ ist der einzige deutsche Spielfilm im Programm des Festivals. Für alle Nationen, die möglicherweise gerade neidisch auf unser Land schauen, hält er eine beruhigende Botschaft bereit: Auch bei uns ist nicht alles gut.“ Wirklich so schlimm? Vielleicht, wenn man sich nur auf abendfüllende Spielfilme konzentriert.

Die dffb-Studentin Daria Belova erhält nämlich unterdessen den Kurzfilm-Preis für „Komm und Spiel„: „Russin gewinnt Kurzfilm-Preis für Deutschland“ heißt es jetzt in den Schlagzeilen. Germany, na, sagen wir mal eight points. Im Ausland hingegen sieht man die Sache wieder einmal positiver: Der „Hollywood-Reporter“ meldet nach der Premiere von „Tore tanzt“ gar, dass bereits ein US-Vertrieb besiegelt wurde. Auch die Rechte an „Oh Boy“ sind bereits nach Amerika verkauft – berichtet Hollywoods Branchenmagazin „Variety“. Deutsches Arthouse-Kino in den USA, na das ist doch was. „Oh Boy„-Regisseur Jan-Ole Gerster verrät zudem beim Medienboard-Empfang, dass er sich für den nächsten Film nach L.A. aufmachen will, so jedenfalls will es Branchenkennerin Kirsten Niehuus von ihm gehört haben, die Geschäftsführerin des Medienboard Berlin-Brandenburg. Und Mariette Rissenbeek, Geschäftsführerin von German Films, erzählt von einem Gespräch mit einer niederländischen Kollegin: 38 Jahre lang hatten die Holländer keinen Film in Cannes. Dieses Jahr sind sie nun endlich wieder mit „Borgman“ von Alex van Warmerdam im Wettbewerb vertreten.

Was lernen wir Daheimgebliebenen aus dem Gerede über Cannes? Nicht so viel jammern. Über den Regen, über die fehlenden deutschen Regisseure im Wettbewerb, über anstrengende Tage im Kino. Man nehme sich einfach ein Beispiel an einem österreichischen Kollegen vor Ort, der auf YouTube begeistert erklärt: „Trotz des Regens hier habe ich es ins Kino geschafft!“ Regnen wird es bei uns übrigens mit hoher Wahrscheinlichkeit auch, wenn all die Filme von Ozon, Polanski, Jarmusch, Coppola, den Coens – und naturellement Valeria Bruni Tedeschi ins Kino kommen. Dann ist es endlich auch bei uns fast wie in Cannes.

Zurückgespult #1: „Bitte freuen Sie sich jetzt nicht“ zum Deutschen Filmpreis 2013.

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