Festivalbericht: Busan International Film Festival 2013
Zwischen den Konsum-Universen
Auch die zweite, ungleich größere Retrospektive zum Werk des Regisseurs IM Kwon-taek überrascht durch einen extrem progressiven Genre-Ritt mit Filmen aus drei Dekaden. Modelliert „Ticket“ (1986) anhand vierer Frauen, die allesamt in einem Teehaus arbeiten und bei weitem nicht nur Heißgetränke servieren, ein Portrait über das Leben als etwas bessere Prostituierte in einer südkoreanischen Hafenstadt, mäandert „Fligh High, Run Far“ (1991) in klassischem Stil durch historisches Terrain anhand der Donghak Peasant Revolution. Vorlagen, denen die Filme aus den Sektionen „Korean Cinema Today“ und „New Currents“ nicht unbedingt auf Augenhöhe begegnen können. Aber das erwartet auch niemand. Dennoch finden sich selbstverständlich Namen wie KIM Ki-duk, der seinen neuen Film „Moebius“ vorstellt. Sowieso sieht man den Herren im Laufe des BIFF eher konstant als selten – zunächst noch als riesigen Pappaufsteller (er sollte alsbald weichen…) vor dem Busan Cinema Center, später dann auch gern auf abendlichen Veranstaltungen umringt von beachtlicher Entourage.
Andererseits: An Gossip mangelt es auf Filmfestivals ja bekanntlich nie. Spannendere Beobachtungen konnte man da schon in der Sektion „New Currents“ machen, die insgesamt zwölf Beiträge aus dem asiatischen Raum (ein reichlich großer – im Rahmen des Festivals versammelten sich hier Filme von Japan bis Iran) präsentierte. Das reichte dann von transzendentaler Einkehr, einer Meditation hinsichtlich Leben und Tod, Ländergrenzen, Irdischem und Mystik in „The Isthmus“ (Sopawan Boonnimitra, Thailand 2013), über indisches Bombast-Kino mit russischen Tierschützerinnen und Wasser-riechenden Schwerenötern in „Jal (Water)“ (Girish Malik, Indien 2013), bis hin zu unheimlichen Dorfbewohnern, lebendig begrabenen Schweinen und Inszest-Gerüchten in „Steel Cold Winter“ (CHOI Jin-seong). Zu den wahren Entdeckungen zählten sie jedoch alle nicht. Die prämierten Filme, allein zwei von ihnen aus dem Gastgeberland Südkorea, bewegten sich thematisch stärker auf dem trockenen Boden der Wirklichkeit. Allen voran „10 Minutes“ (LEE Yong-seung), der seinen ambitionierten Hauptakteur zwischen den Fängen eines Praktikums zermalmen lässt. Der Film spricht dabei eine nüchterne, auf jegliche Effekte verzichtende Sprache, die wunderbar mit den innerlichen Terror des jungen Mannes konstatiert. Sadistisch, gut.