Interview mit Tom Berninger zur „The National“-Doku „Mistaken for Strangers“

Wenn kleine Brüder größer werden


 Brüder: Matt (links) und Tom Berninger genießen die schönen Seiten des Tourlebens. Foto: Neue Visionen

Brüder: Matt (rechts) und Tom Berninger genießen die schönen Seiten des Tourlebens. Foto: Neue Visionen

Die meisten THE NATIONAL-Fans erwarten unter „Mistaken for Strangers“ einen Konzert- oder Tourfilm oder zumindest ein Porträt der Band. Am Ende ist es aber ein Film übers Scheitern und das Wachsen an sich selbst, in dem du die zentrale Rolle spielst, nicht nur als Regisseur…
Ja. Ich habe diesen Film gedreht und ich komme in ihm vor. Zum Ende des Filmes war es aber eine gemeinschaftliche Leistung. Irgendwann musste ich aus dem Schnittraum raus und anderen das Feld überlassen, denn ich war in meinem eigenen Film zu präsent. Ich stand plötzlich im Zentrum und nicht die Band. Ja, dieser Film ist meiner und das in so vieler Hinsicht.

Deine Rolle, wenn man es so nennen will, ist die des klassischen Antihelden und seiner Aufgabe, sich selbst – und in diesem Fall seine eigenen Dämonen – zu überwinden. Darin spiegelt sich an vielen Stellen das Lebensgefühl der Thirty-Something-Generation. Woher kam dein Mut, dich so zur Schau zu stellen?
Das war ja genau mein Ding. Viele Leute fragten mich, wie es sich anfühlt, so offen mit meinem Leben in meinem Film umzugehen. Ich habe viele Freunde, die in meinem Alter ohne Job dastehen oder dazwischen hängen, die wieder die Schulbank drücken. Diese Leute gaben mir das Vertrauen, offen mit meinem Leben umzugehen. Es brauchte mir nicht peinlich zu sein, weil es weltweit so viele von uns gibt, die sich desillusioniert fragen, was sie mit ihrem Leben machen sollen. Wir sind, denke ich, die erste Generation, die nicht mehr so viel Geld verdient, wie ihre Eltern es gewohnt waren, zumindest in den Staaten ist es so. Auf der einen Seite sieht die Zukunft so trostlos aus, auf der anderen so großartig. Ich hatte wirklich eine schwierige Zeit mit Mitte Zwanzig, als mich ausschließlich Angst leitete. Als ich 30 wurde, passierte das hier alles.

Was genau hat sich denn seit der Premiere von „Mistaken for Strangers“ im letzten Jahr auf dem Tribeca Film Festival verändert?
Eigentlich hat sich nicht wirklich etwas verändert. Alles passiert eben, wenn es passieren soll. Heute muss ich kein Wasser mehr für die Band schleppen und auch nicht aufpassen, dass sie rechtzeitig auf der Bühne sind. Ich glaube, ich habe mehr Selbstvertrauen und bin wohl ein bisschen narzisstischer geworden, obwohl ich noch immer panisch werde, wenn Personen mich mit „das ist Regisseur Tom Berninger“ vorstellen. Hin und wieder gebe ich meinen Namen im Internet ein und lese all die guten Kritiken zu meinem Film. (lacht) Und ich weiß jetzt, wie man gute Bilder von sich macht.

Interview: SuT

Premiere in Anwesenheit der Berninger Brüder am Mittwoch, den 9. Juli um 20.30 Uhr im Cinestar in der Kulturbrauerei in Berlin.

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