Verleih Drop-Out Cinema: Interview mit Jörg van Bebber

Kollateralschaden "Under The Skin"


Drop-Out Cinema_LogoMomentan erregt der Fall des nicht im Kino erscheinenden „Under The Skin“ die Filmkunst-Fans. Wie beurteilen Sie das?
Jeder kleine Verleih hätte sich natürlich nach so einem Titel die Finger geleckt. Nun scheint ja Senator in diesem Jahr in wirtschaftliche Turbulenzen gekommen zu sein, so dass man UNDER THE SKIN wohl als Kollateralschaden betrachten muss. Die Pläne für diesen Film waren sicherlich mal andere und über den Verlauf ist bei Senator sicherlich niemand stolz. Für den Film ist das natürlich äußerst schade…

Wie hätte eine Drop-Out-Lösung aussehen können und warum ist die nicht möglich?
Prinzipiell wäre das natürlich möglich, aber Drop-Out Cinema ist natürlich eine Schmalspurlösung. Zumindest wäre der Film dann als 2k-DCP verfügbar: Hier weiß ich nicht, ob Senator zumindest für die „Kommunalen Kinos“, die den Film ja buchen könnten, adäquates Vorführmaterial bereithalten.
Warum Senator nicht zumindest einen ganz kleinen Kinostart vielleicht sogar parallel mit VOD, mit Hilfe einer externen Booking&Billing-Agentur und einer Werbeagentur gemacht hat, ist mir schleierhaft. Hier hätte man doch ein bisschen experimentieren können. Ein Kino-Release hätte sich dann sicherlich auch positiv auf die DVD-Verkäufe ausgewirkt.

Wie funktioniert Ihr Genossenschaftsmodell?
Die Genossenschaft beschreibt man vielleicht am besten als eine Mischung aus Verein und Aktiengesellschaft. Jedes Mitglied muss mindestens einen Geschäftsanteil (250 Euro) zeichnen und erhält dafür die vollen Rechte als Mitglied. Theoretisch könnte die Mitgliederversammlung zum Ende des Geschäftsjahres eine Dividende ausschütten, aber da unser Satzungszweck die Förderung der Filmkultur ist, wollen wir schauen, wo wir diese Gelder investieren können (z.B. Filmrestaurationen, Erstellung von digitalen Filmkopien von Klassikern etc.).
Als Mitglied kann man uns entweder passiv unterstützen (durch den eingezahlen Geschäftsanteil) oder aktiv, z.B. durch Übernahme kleinerer Aufgaben etc.
Im Gegensatz zu einem rein wirtschaftlichen Unternehmen agieren wir also als Hybrid zwischen Kulturinstitution (offen für ehrenamtliches Engagement) und wirtschaftlichem Zweckverband (zur Förderung der wirtschaftlichen Tätigkeit unserer Mitglieder, z.B. den kleinen, feinen kulturell engagierten Kinos wie z.B. dem Werkstattkino in München).
Vieles ist gerade work-in-progress. Alles ist möglich. Spannend ist für mich ganz besonders, wie hier verschiedene Parteien – Kinos, Verleiher, Pressevertreter, Techniker, Archivare, Filmemacher – interagieren und austauschen. Da kann Drop-Out Cinema auch als „Think Tank“ funktionieren, um so Manches grundlegend zu verändern. Das Interesse am Kino ist von Seiten der Wirtschaft ja seit Jahrzehnten eher lauwarm, aber kulturell brennt da ein Feuer in vielen von uns. Die Genossenschaft kann der Ort sein, wo man tatsächlich etwas ganz konkret bewegt.

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