BFF On The Road: Tagebuch zur 71. La Biennale Di Venezia
Der Venedig-Blog 2014
Tag 6: Bergfest
Aber keiner will feiern. 6 Tage und 13 Wettbewerbsfilme und nichts will so richtig passen. Das Movievillage – wie sich das Festivalgelände offiziell am Lido nennt – riecht allmählich leicht nach Mottenkugeln. Alles ist so Fernsehfilm-lastig, altbacken, uninspiriert und fade, dass der Kopf vor lauter Ton in Ton schon ganz schwer ist. Fast ist man versucht, zu glauben, dass das Festival selbst im Fahrwasser einer leichten Identitätskrise stecke, so sehr wie es in diesem Jahr im Programm von Doppelgängern und Ich-Krisen wimmelt. Gegenüber „Screen International“ (August-September 2014) spricht Festivalleiter Alberto Barbera von dem Problem, nicht mehr alle Filme zu bekommen, weil besonders die amerikanischen Produktionen sich immer stärker auf ihren häuslichen Markt konzentrieren.
David Finchers „Gone Girl“ oder Paul Thomas Andersons „Inherent Vice“ beispielsweise, die er gerne im Wettbewerb gehabt hätte, entschieden sich lieber für das New York Film Festival Ende April. Venedig, so meint Barbera weiter, sei einfach zu früh für die US-Release-Strategien der Produktionen. Möglicherweise sei es aber auch – und dass sei lediglich eine persönliche Interpretation – ein zu großes Risiko für die Amerikaner, da der europäische Markt, im Gegensatz zum exorbitant wachsenden chinesischen Filmmarkt, schwindet.
So behilft man sich mit dem dreistündigen Director’s Cut „Nymphomaniac II„, und karrt glamourträchtig noch mal die komplette Entourage des Films an, selbst wenn die meisten der Protagonisten im zweiten Teil gar nicht mehr auftauchen. Und damit sich auch Stars wie Frances McDormand und erneut James Franco nach Venedig verirren, lockt man mit klangvollen Preisen wie „Visionary Talent Award“ oder „Glory of the Filmmaker“ von den Festivalsponsoren Persol und Jaeger-LeCoultre offeriert. Für das Festival springt dabei wenigstens James Francos „The Sound And The Fury“ heraus, der hier noch auf seine Aufführung am Freitag wartet. Und last but not least sorgt auch in Venedig Pay-TV Sky für gute Unterhaltung und präsentiert schon mal die im Januar in Italien ausgestrahlte Serie „Olive Kitteridge„. Ähnlich machte es schon Berlin mit der zweiten Staffel von „House of Cards„. Geklüngelt wird offenbar auch in Venedig.
SuT