BFF On The Road: Tagebuch zur 71. La Biennale Di Venezia
Der Venedig-Blog 2014
Auf die Plätze, fertig, los!
Startschuss am Lido für das 71. Rennen um den Goldenen Löwen in Venedig. 122 Filme aus über 40 Ländern in ganzen elf Tagen heißt es hier seit heute. Festivaldirektor Alberto Barbera verspricht Autorenkino der alten und neuen Schule, vertreten durch Peter Bogdanovich, James Franco, Emir Kusturica, David G. Green oder Alejandro González Iñárritu, der mit „Birdman“ das Festival eröffnet. Den deutschen Beitrag im Wettbewerb liefert dieses Jahr Fatih Akin mit „The Cut„.
Berliner Filmfestivals ist wieder vor Ort und kommentiert die Ereignisse.
Weiterlesen: Unser Blog zur letzten Ausgabe: Venedig 2013.
Wer sich die Biennale nach Hause auf den heimischen Bildschirm holen will, kann auch in diesem Jahr wieder online Filme der Sektionen Orizzonti und Biennale College-Cinema streamen (Weitere Infos hier). Zur Einstimmung hier noch der „Ein zarter Tritt gegen das Showbusiness„, der Ausblick der taz-Kollegin Cristina Nord.
Möge der Filmmarathon beginnen.
Tag 1: Das Ego fährt mit
Mit einer der längsten Kamerafahrten a la Hitchcocks „Rope“ („Cocktail für eine Leiche„) und der Illusion, dieser Film sei wie ein Theaterstück in einem Stück produziert worden, starten die 71. Filmfestspiele in Venedig quirlig und mit einem Seitenhieb auf das Filmbusiness und dessen zuweilen narzisstisch veranlagte Protagonisten.
Bissig erzählt Inarritus „Birdman“ die Geschichte um den alternden und in einer Identitätskrise steckenden Schauspieler Riggan Thomson alias Birdman (Michael Keaton). Er, der sich aus seiner Blockbuster-Vergangenheit zu befreien versucht und sich bis aufs Blut am Broadway abmüht, sich neu zu erfinden, stellt mit bissig-sarkastischem Unterton die Frage: besser Celebrity oder intellektueller Schauspieler? Besser Mainstream oder Hochkultur? Besser Blockbuster oder Theater?
Der Eröffnungsfilm liest sich nicht nur wie ein Leitfaden der Ansprüche für Filmfestivals; mehr Kunst statt Kommerz. Mit seinem fünften Spielfilm beschreibt Alejandro G. Inarritu den Jahrmarkt der Eitelkeiten und fokussiert sich auf die Opferbereitschaft seines Titelhelden. Riggan Thomson ist ein vordigitaler Dinosaurier, der sich für die Erfüllung seines Traumes nicht nur immer noch Schwielen an den Händen holt, sondern geradezu durch die Hölle geht. Er verkörpert das komplementäre Gegenstück zu den digitalen Selbstdarstellern von heute. Und wie zur Bestätigung konstatieren Keaton und Inarritu in der Pressekonferenz, einem jedem seinen Birdman, ein narzisstisches Ego, süchtig nach Ruhm, Zuneigung und Anerkennung. „Es fährt immer mit, bestenfalls aber auf dem Beifahrersitz„, meint Michael Keaton. Steuern sollte es besser nicht. „Die Leute wollen heute sofort berühmt werden, ohne große Anstrengung.„, kommentiert Regisseur Inarritu weiter. Der Protagonist seines Filmes geht an den Rand des Wahnsinns und sucht die Auferstehung in der Nahtoderfahrung. Doch anders als „Generation Facebook und Co“ lässt er sich nicht berauschen durch die Möglichkeit, in wenigen Sekunden über 800.000 Fans, Likes, Follower oder Freunde zu generieren, die den schnellen Ausweg aus Einsamkeit und Mittelmaß verspricht, und doch nur in der „unvermeidlichen Desillusion“ enden kann. Sein Ego fährt nur mit.
SuT
Tag 2: Banalität des Bösen
Tag 3: Familienpackung
Tag 4: Ein Hauch von Haneke
Tag 5: Fatih Akin schickt „The Cut“ ins Rennen um den Goldenen Löwen
Tag 6: Bergfest
Tag 7: Kontrastreiche Filmlektionen
Tag 8: Stadt und Land
Tag 9: Viel Lärm um Nichts
Tag 10: Zivilisationsgeschichtliche Elementarteilchen
Tag 11: Fazit