Interview mit Regisseurin Asia Argento zu „Missverstanden“

Argento: "Ich will nicht mehr spielen"


Regisseurin Asia Argento.

Regisseurin Asia Argento.

Im Interview zu „Missverstanden“ erklärt Asia Argento die Tochter von Horror-Legende Dario Argento, warum Sie nicht mehr als Schauspielerin vor die Kamera treten will, wie ihre Tochter Anna-Lou in den Film kam und warum sie Charlotte Gainsbourg schon vor den Dreharbeiten als Schwester betrachtete.

Sie rauchen gerade und auch in der Öffentlichkeit. Stört es Sie nicht als Raucherin wahrgenommen zu werden?
Asia Argento:
Jeder weiß, dass ich rauche, auch wenn ich nicht stolz darauf bin. Man hört er auch an meiner Stimme. Ich bin nicht Präsident Obama. Aber es ist unglaublich, wie sich die Wahrnehmung des Rauchens verändert hat. In den 40ern galt es als charmant und etwas, was du tun musst. Heute ist es ein Tabu.

Sie erwähnen Ihre Stimme, die sicherlich dem Rauchen geschuldet ist. Haben andere Ereignisse Spuren hinterlassen?
Wir haben alle Wunden – und manchmal bilden sich Narben. Ab einem gewissen Alter, wenn sich dein Bewusstsein entwickelt und Muster zu Gewohnheiten werden, weißt du, dass das zusammen gehört. Durch Wunden kannst du geheilt werden. Wer Dunkelheit erfahren hat und kennt, kann sich dem Licht nähern.

Was bedeutet das für Ihre Arbeit?
Ich kann nicht behaupten, dass meine Wunden mich zu einem besseren Künstler machen. Ich glaube, als Künstler wird man geboren, genau wie man mit seiner Augenfarbe geboren wird. Es ist ein Geschenk, dafür bin ich nicht verantwortlich. Dem bin ich verpflichtet, indem ich lerne und damit lebe – in aller Bescheidenheit.
Filmemachen ist ein Gemeinschaftserlebnis, du arbeitest mit anderen Menschen. Mit zu viel Ego funktioniert eine Demokratie nicht, wie sie am Filmset herrscht. Bei mir war es so, dass die Dunkelheit und die Wunden meines Lebens mich zwangen, etwas zu ändern. Das ist noch nicht lange her. Eine 180-Grad-Wendung, nachdem ich mich mit meiner Vergangenheit auseinandersetzte. Das hatte gar nicht so viel mit meinen Filmen zu tun. Die waren nur ein Teil davon.

Missverstanden KinoposterSpielen Sie damit auf „Missverstanden“ an, der als Biopic verstanden werden könnte?
Das, wovon ich im Film spreche, ob es nun biographisch ist oder nicht, ist etwas, dem ich mich schon gestellt habe. Ich habe das angenommen. Der Film ist keine therapeutische Übung für mich. Wir kennen das alle, als Kind empfindet man Sachen als Ungerecht. Jeder bemerkt Momente, in denen die Unschuld schwindet. Wenn du das Gefühl hast, nicht geliebt zu werden. Das macht den Film universell.

Der letzte Satz im Film fügt alles zusammen. Warum haben Sie den noch in den Film montiert?
Für die Zuschauer ist das sehr überraschend und schockierend. Für mich passt es, weil es den Geist dieses Kindes einfängt. Eines jeden Kindes, das missbraucht wurde und überlebt hat und überleben wird. Der Film hat drei Enden. Er könnte ein Traum sein, sie könnte Tod sein oder alles einfach eine Fantasie. Der Satz kommt im Abspann, wenn Leute, die das Kino lieben, noch dasitzen, während die anderen schon gehen.

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