Zwei Träumer, die ihr Handwerk verstehen – Podiumsdiskussion mit Andreas Dresen und Wolfgang Kohlhaase

Berlinale Talents mit Dresen: "Das Ding läuft!"


Andreas Dresen tritt mit "Als wir träumten" im Wettbewerb 2015 an. Im Bild: Merlin Rose, Marcel Heupermann und Julius Nitschkoff. Foto: Peter Hartwig © Rommel Film

Andreas Dresen tritt mit „Als wir träumten“ im
Wettbewerb 2015 an. Im Bild: Merlin Rose, Marcel Heupermann und Julius Nitschkoff. Foto: Peter Hartwig © Rommel Film

Da sitzt er also, der „Billy Wilder des deutschen Kinos“, Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase, 83 Jahre, mit blauem Schal und weißem Sweatshirt, die Arme locker beim Reden über die Stuhllehne gelehnt. Neben ihm Regisseur Andreas Dresen mit gewohnter Fokuhila-Frisur und breitem, einnehmend sympathischen Grinsen. „Of Walls and Wonders“ heißt die Veranstaltung, zu der die Netzwerk-Plattform Berlinale Talents am Donnerstagabend lud, moderiert von Verena von Stackelberg. Anlass ist Dresens Wettbewerbs-Beitrag „Als wir träumten„.

Weiterlesen: Unsern Kritik „Wendezirkus“ zu „Als wir träumten“ von Andreas Dresen.

Foto: SehsüchteEine Romanadaption von Clemens Meyer und die dritte Zusammenarbeit des Duos Kohlhaase/Dresen, die bislang unter Kritikern von Weltklassekino“ (FAZ), über „seltsam“ (Welt) bis hin zur „flachen Wende-Groteske“ (BFF) gehandelt wird. Abwechselnd erzählen die beiden, wie Dresens nunmehr 36. Film begann: Wie er in einem Keller in Leipzig mit Autor Meyer Mochitos trank und dabei ACDC live auf der Leinwand lief. Wie Kohlhaase und Meyer sich dann ebenfalls kennenlernten und sich in Meyers trostloser Leipziger Parterre-Wohnung trafen. Wie Kohlhaase dann innerhalb von zwei Jahren den verschachtelten und achronologischen Roman in Drehbuchfassung brachte und dabei freie Hand von Meyer bekam. Und wie Dresen dann schließlich anfing zu drehen, mit größtenteils unbekannten Jung-Darstellern, einen Film über Techno und die Neunziger und nach einer Woche merkte, „das Ding läuft“.

Abgedroschen, könnte man meinen. Vorhersehbar oder einfach ein bißchen peinlich: Zwei Herren, der eine in den Fünfzigern, der andere in den Achtzigern, erzählen von ihren Sauftouren, von ihrem Vertrauen, was sie sich gegenseitig entgegenbringen, davon, dass „Sprache ein Abenteuer“ (Kohlhaase) und „Filmemachen für ihn das Schönste auf der Welt“ sei (Dresen). Das Gegenteil ist der Fall. Wie die Beiden da so auf dem Podium sitzen und von ihrer Arbeit erzählen – in unfassbar deutschem, aber ganz passablen Englisch – kommt das seltene Gefühl auf, dass hier zwei, nein eigentlich drei, Menschen zusammengefunden haben, die vielleicht wie kein anderer die Abgründe und Hochebenen der deutschen Nachwendezeit verstanden und in einem gemeinsamen künstlerischen Produkt verdichtet haben.

Besonders deutlich wird dies, wenn Kohlhaase von seiner Interpretation des Romanstoffes spricht: „Wenn Du jung bist, dann willst du die Welt kaufen, nur um dann festzustellen, dass sie schon ausverkauft ist.“ Dass der Film am Ende doch noch weniger Hoffnung als im Roman aufkommen lasse, merkt ein Kommentator aus dem Publikum an. „Hoffnung ist eine unsichere Sache“, antwortet Kohlhaase trocken und streicht sich gedankenverloren über den weißen Pulli. Es gehe überhaupt bei einer Romanadaption eher darum, eine Atmosphere zu transportieren, nicht die Geschichte, bemerkt der Drehbuchautor, der auch als Schriftsteller und Journalist tätig war.

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