Haus der Kulturen der Welt: Nuevo Cine Argentino vom 9. bis 20. September 2015

Neuer argentinischer Film: Zwischen Vergangenheit und Gegenwart


Das HKW-Plakat zu Nuevo Cine Argentino. © Promo/KHW

Das HKW-Plakat zu Nuevo Cine Argentino. © Promo/KHW

Das Haus der Kulturen der Welt zeigt ab Mittwoch, dem 9. September einen Zyklus mit zeitgenössischen Filmen aus Argentinien. Bis zum 20. September kann das Publikum elf Werke aus den Jahren 1999 bis 2014 kennenlernen.
Das neue argentinische Kino macht seit Ende der 1990er Jahre eine beachtliche künstlerische Hochphase durch, die sich sowohl auf eine massive staatliche Förderung als auch auf eine profilierte kritische Szene stützt. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass der argentinische Film im gesamten spanischsprachigen Raum eine beträchtliche Marktstellung erlangt hat, auf internationalen Filmfestivals wichtige Preise gewinnen konnte und dadurch eine ganze Generation von um 1970 geborenen argentinischen Regisseuren und Schauspielern, man denke an Ricardo Darín, weltweit bekannt geworden ist.

Die Auswahl, die der erfolgreiche argentinische Autor Alan Pauls („El pasado„, dt. „Die Vergangenheit„, 2003) als Kurator für das HKW in Berlin getroffen hat, enthält Beispiele dieser seit ungefähr 20 Jahren andauernden Welle neuer cineastischer Produktion. Im Vordergrund stehen bei Pauls Filme, die sich auf unterschiedliche Art mit der Geschichte und Gesellschaft Argentiniens, mit Vorliebe seit dem Ende der Militärdiktatur (1976-1983) und der darauffolgenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten, auseinandersetzen. Pauls bevorzugt ernsthaft-kritische Sichtweisen in der Thematik und elegisch-pathetische Erzählformen mit hohem Kunstanspruch in der Bildfindung. Sämtliche Filme werden in der Originalfassung mit englischen Untertiteln gezeigt.

Kurator der Reihe Nuevo Cine Argentino: Schriftstseller Alan Pauls. © Promo/KHW

Kurator der Reihe Nuevo Cine Argentino: Schriftstseller Alan Pauls. © Promo/KHW

Möchte man die Filme grob kategorisieren, könnte man verschiedene Gruppen bilden. „Historias extraordinarias (1-3)“ (2008) von Mariano Llinás und „Los salvajes“ (2012) von Alejandro Fadel können als halb realistische, halb fantastische Parabeln auf die menschliche Existenz an sich gelten, „Un mundo misterioso“ (2011) von Rodrigo Moreno und „Viola“ (2012) von Matías Piñiero als elegisch-melancholische Beziehungs- und Charakterstudien und „Los rubios“ (2003) von Albertina Carri und „Fotografías“ (2007) von Andrés Di Tella als dokumentarisch-experimentelle Auseinandersetzung mit der jüngeren Geschichte des Landes.
Für sich stehen einerseits „Jauja“ (2014) von Lisandro Alonso, Eröffnungs- und neuester Film der Reihe, ein pathetisch-existenzielles Historiendrama, „Mundo grúa“ (1999) von Pablo Trapero, der älteste und einzige Film in Schwarz-Weiß, ein streng realistisches, halb dokumentarisches Gesellschaftsbild. Sowie drei Filme die die Gemeinsamkeit eint, dass sie das Komische streifen, nämlich „El estudiante“ (2011) von Santiago Mitre, eine unaufgeregte Politsatire, „Dos disparos“ (2014) von Martín Rejtman, ein halb ironisches, halb kafkaeskes Familiendrama, schließlich „La ciénaga“ (2001) von Lucrecia Martel, ein Blick auf die Dekadenz der gehobenen Mittelklasse in der argentinischen Provinz, der in seiner Form an Fellini erinnert.

Pauls vernachlässigt den nur in den letztgenannten drei Filmen präsenten komischen Aspekt in seiner Reihe und verzichtet auf Komödien im reinen Sinn – oder auch schwarze Komödien. Zu denken wäre etwa an Filme wie „Nueve reinas“ (2000) von Fabián Bielinsky oder „Tiempo de valientes“ (2005) und „Relatos selvajes“ (2015) von Damián Szifrón. Anderes fällt naturgemäß dem Auswahlprinzip zum Opfer. Neben „Dos disparos“ wäre auch der eng verwandte „El hombre de al lado“ (2009) von Mariano Cohn und Gastón Duprat äußerst sehenswert. Schmerzlich vermisst man Carlos Sorín („Historias minimas„, 2002, „Bombón: El Perro„, 2004), den Meister der unpathetischen-anrührenden Komik oder Daniel Burman mit beispielsweise „Dos hermanos“ (2010).

Teresa Vena

„Nuevo cine argentino“ vom 9. bis 20. September 2015 im Haus der Kulturen der Welt

Aus dem Programm empfiehlt Berliner Filmfestivals diese drei Werke…

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