Regisseurin Valeska Grisebach zu „Western“

Grisebach: "Meine Authentizität ist erarbeitet"


"Western"-Regisseurin Valeska Grisebach. © Iris Janke

„Western“-Regisseurin Valeska Grisebach. © Iris Janke

Ganze elf Jahre liegen zwischen „Sehnsucht“ (2006) und „Western„, Valeska Grisebachs aktuellem Werk. Gefeiert wurden beide, „Western“ feierte sogar beim französischen Edel-Festival in Cannes Premiere. Im Interview berichtet die Berliner Regisseurin über ihre Faszination für’s Westerngenre, erklärt, wie sie ihre Darsteller findet und mit diesen schauspielerischen Laien Authentizität herstellt.

Frau Grisebach, wo und wann duellieren sich Menschen heute?
Valeska Grisebach:
Ich glaube, jeder Mensch kennt das aus seinem Alltag. Betritt jemand einen Raum, entsteht sofort eine Spannung mit den anderen Anwesenden. Beruflich, in Liebesgeschichten oder auch im Straßenverkehr. Da gibt es ganz oft Konflikte, denen man unterschiedlich begegnen kann. Das sind oft Duelle. Da liegt zwar keiner tot auf der Straße, aber es geht um Gewinnen oder Verlieren. Das hat auch eine gewisse Intimität, ist eine Art, in Kontakt zu treten.

Man baut in kürzester Zeit eine Beziehung auf, die etwas auslöst, oder?
Oft kontrolliert man Dinge und noch mehr seine Emotionen. Man hat die im Griff. Konflikt oder auch Feindschaft, sind Möglichkeiten, miteinander in Kontakt zu treten und sich nah zu sein.

Duelle sind ein wichtiges Element beim Western. Wie haben Sie das Genre für sich entdeckt und worin bestand die Faszination?
Dem musste ich erstmal auf die Schliche kommen. Wie viele in meiner Generation bin ich vorm Fernsehen groß geworden. Mich haben Western als Kind unheimlich in ihren Bann gezogen. Das Western-Genre taucht immer wieder im Kino auf. Es kann Generationen verbinden. Es gibt Filme aus der Zeit, wenn ich die sehe, spüre ich fast etwas wie Heimweh nach denen. Auch was gesellschaftliche Fragen angeht, ist es ein interessantes Genre. Es ist auch das per se männliche Genre! Diesen männlichen, einsamen Helden wollte ich filmisch näher kommen.

Worin unterscheiden sich diese männlichen Helden von Frauen?
Männer haben eher die Hoheit der Blicke, während Frauen im Alltag eher trainiert sind, wegzukucken. Diese Hoheit der Blicke findet man in Film und Fernsehen wieder. Da kommt die Frage auf, wer wann und von wem wie bekuckt wird. Das liegt daran, dass man selbst diese Blicke verinnerlicht hat. Ich habe manchmal einen männlichen Blick, der meine Fantasie eines männlichen Blicks verinnerlicht.
Ich wollte mich als Frau dem Genre zuwenden und mit dem in Kontakt treten. Vielleicht war es eher ein Tanz mit dem Genre. Das Thema Gender, das ich extrem spannend finde, spielte keine Rolle. Ich wollte mir die einsamen Cowboys mal anschauen.

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