28. FilmFestival Cottbus: Interview mit Darya Zhuk, Regisseurin von „Crystal Swan“

"In Weißrussland besteht der Wunsch sein eigenes Land verändern zu wollen, um ein besseres Leben zu erlangen, heute noch genauso wie damals."


CRYSTAL SWAN Regisseurin Darya Zhuk warbeim FilmFestival Cottbus zu Gast. Foto: 28. FilmFestival Cottbus

Das Spielfilmdebüt „Crystal Swan“ der Weißrussin Darya Zhuk wurde im Wettbewerb des diesjährigen Filmfestival Cottbus präsentiert. Durch die Heldin des Filmes erzählt die Regisseurin einen Teil ihrer eigenen Geschichte, wie sie beispielsweise selbst ihr Heimatland verließ, um im Ausland zu studieren. Obwohl der Film Ende der 1990er Jahre angesiedelt ist, sind der Wunsch nach Unabhängigkeit, die eigenen Träume zu verfolgen und der Druck durch strikte gesellschaftliche Normen, die Zhuk beschreibt, zeitlos. Sie bieten für die meisten Zuschauer genug Identifikationspotenzial.

Frau Zhuk, Ihre Protagonistin möchte Minsk verlassen, um im Ausland eine Ausbildung zu machen. Sie haben Ihr Heimatland aus dem gleichen Grund verlassen. Wie viel Autobiografisches findet sich in in Ihrem Film?
Darya Zhuk:
Ich habe mich mit dem Wunsch meiner Protagonistin eine erfolgreiche Frau zu werden, ohne dass sie dafür einen mächtigen Mann heiraten muss, aber indem sie eine eigene Karriere geht, identifiziert. Selbst dachte ich, ich hätte dazu mehr Chancen auf Erfolg, wenn ich im Ausland studieren würde. Aber anders als meine Protagonistin, die nach den großen Sprüngen und dem großen Glück Ausschau hält, um eine berühmte DJane zu werden, hatte ich einen pragmatischeren Plan und machte ein Wirtschaftsstudium. Velva ist mutiger und naiver als ich in dem Alter. Aber man kann schon sagen, dass sie mein Alter-ego ist, denn als ich in ihrem Alter war, war ich von elektronischer Musik besessen und habe Geld mit Musikauflegen verdient. Der drogensüchtige Freund, den sie im Film hat, basiert auf mehreren echten Personen, mit denen ich damals auch ausgegangen bin. Die Visum-Geschichte basiert auf echten Erlebnissen von Freunden.

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Welche Meinung herrscht heute in Weißrussland über die junge Generation, die das Bedürfnis hat, das Land zu verlassen und sich im Ausland ausbilden lassen möchte? Ist es heute einfacher wegzugehen als in den 1990er Jahren?
Die Idee das Land zu verändern, um ein besseres Leben zu führen, schwebt heute bei den Jungen genauso in der Luft wie damals. Ich glaube, es ist einfacher, zu gehen, als in den 1990er Jahren, da wir besser informiert und über das Internet verbunden sind. Es ist auch einfacher ein Visum für Europa zu bekommen und über Litauen auszureisen. Es ist einfacher, zu reisen und auch wieder zurückzukommen. Es besteht weniger das Gefühl, dass es jetzt oder nie sein muss.

Sehr eindrücklich wirkt die Szene, in der Evelina von ihrer Mutter wegrennt, Musik hört und sich hinter ihr eine Graffitiwand abspielt. Die Szene erinnert an die Eröffnungssequenz von Tarantinos „Jackie Brown„. Woher haben Sie die Inspiration für die Bildgestaltung Ihres Filmes genommen?
Die Rennszene stammt von einer alten Besessenheit von mir mit Denis Lavant, der zum Lied „Modern Love“ von David Bowie in Leo Carax‘ Film „Mauvais Sang“ durchs Bild rennt. Die Szene wurde auch in Noah Baumbachs „Frances Ha“ zitiert. In beiden Filmen drücken die Szenen Freude aus und ich wollte versuchen, damit auch Traurigkeit auszudrücken.

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