Ein Blick in die Zukunft der Berlinale

Berlinale 2020: Der König ist tot, es lebe der König


Die alten Macher sind weitergezogen

Für dieses Programm werden sich andere Kuratoren verantwortlich zeichnen als in den letzten Jahren, darauf deutet zum einen die Aussage Chatrians hin, Teile seines Locarno-Teams mit nach Berlin zu bringen und noch viel mehr ein Blick auf die Sektionen, wo die prägenden Köpfe der letzten Jahre, teils Jahrzehnte, verschwunden sind. Im Panorama übergab Wieland Speck quasi intern an Paz Lázaro und Michael Stütz (die im übrigen einen starken Jahrgang vorweisen konnten!), im Forum wurde nach dem Weggang von Christoph Terhechte (zum Marrakech Intl. Film Festival) die Leitung Interimsweise intern auf drei Köpfe verteilt, bei den Shorts verabschiedet sich Maike Mia Höhne nach Hamburg zum dortigen Internationalen KurzFilmFestival.
Die neue Leitung könnte mit deutlich weniger Sektionen planen und auskommen wollen. Davon könnten auch die von Kosslick eingeführte Perspektive betroffen sein und noch viel mehr das belanglose kulinarische Kino oder die junge NATIVe-Reihe.

Revolution

Alles neu?!? Braucht es einen Befreiungsschlag denn überhaupt? Glaubt man den langjährigen – und teils sehr verbitterten – Kritikern des Kosslick’schen Schaffens, wäre alles außer einem Befreiungsschlag zu wenig.

Doch Vorsicht: Die Munition der nächsten Heckenschützen ist bereits getrocknet, geliefert haben sie ausgerechnet die, die die Berlinale verantworten: Um Kosslicks Stelle neu zu besetzen, wurde eine Findungskommission ins Leben gerufen, die sich zum einen die neue Doppelspitze ausdachte, aber zum anderen doch fragwürdig agierte, indem aus der dreiköpfigen Kommission mit eben Mariette Rissenbeek eine der drei Personen der Kommission – neben Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), und dem damaligen Berliner Senatskanzleichef Björn Böhning (SPD) – zur Geschäftsführerin und Teil der Spitze machte. Ein eigentlich ungeheuerlicher Vorgang, der nach Pöstchen-Geschacher und längst überwundenem Berliner Filz riecht – und der gleichzeitig Chatrian schwächt. Vertraute man dem Cineasten Chatrian doch nicht ausreichend, was das Finanzielle angeht? Oder ganz generell nicht genug? Vorschusslorbeer sieht in jedem Fall anders aus.

Das Jahr eins nach Kosslick wird aufregend, die Berlinale eine andere als mit dem Mann mit Hut und Schal. Er und seine Mitstreiter hinterlassen ein ordentlich bestelltes Feld, man denke neben erwähnten Vorzügen an den erfolgreichen Markt, die stetig wachsende Kinder- und Jugendfilmsektion Generation oder auch den Teddy Award! Die Berlinale wird Kosslick in bester Erinnerung behalten.

Denis Demmerle

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