18. British Shorts Film Festival: Erwachsen und herrlich verspielt


Blank Narcissus (Passion of the Swamp) © Peter Strickland
Blank Narcissus (Passion of the Swamp) © Peter Strickland

Schon wieder ein volljähriges Festival in Berlin mehr! Und dazu gleich ein so erfolgreiches, heiß geliebtes: Vom 23. bis 29. Januar geht das British Shorts Kurzfilmfestival zum 18. Mal über die Bühne. Für seine Adoleszenz-Ausgabe hat sich das Festival gleich noch eine Location mehr klar gemacht: Neben dem City Kino Wedding, dem ACUDkino, dem Kino Intimes, dem Klick Kino und dem Sputnik findet das Festival nun auch im Xenon statt. Das British Shorts erkundet auch 2025 einmal mehr, wie divers Kurzfilme aus Großbritannien und Irland sein können – und lädt mit insgesamt 150 Filmen zum Lachen, Weinen, Staunen, Grübeln und Gruseln (mit der Horror-Nacht) ein. Beste Publikumsunterhaltung bleibt das verbindende Element im Programm – kein Wunder, dass das Festival wie kaum ein anderes Berliner Festival über so viele zahlreiche ausverkaufte Vorstellungen freuen kann.

Ein besonderer Leckerbissen ist in diesem Jahr wieder einmal die von Henning Koch kuratierte Retrospektive, die sich dem Genre-Virtuosen Peter Strickland (BERBERIAN SOUND STUDIO) widmet: „The Hypnotic Explorations of Peter Strickland“ versammelt frühe Super-8-Filmen aus Teenagertagen, aber auch experimentierfreudige 16-mm-Kurzfilme und Musikvideos, zum Beispiel für THE KVB.

Hier findet ihr unsere Kritiken zu BERBERIAN SOUND STUDIO und FLUX GOURMET.

Das Rahmenprogramm rollt den flankierenden Künsten den roten Teppich aus: Es gibt Glagower Stand-up-Comedy von Chris Davies sowie Berlin Thistle als Original-Pipeband zur Eröffnung, ein Konzert von der Indie-Band Matching Outfits mittendrin sowie zwei Foto-Ausstellungen, die das ganze Festival im Sputnik Kino zu sehen sind.

Die Jury setzt sich in diesem Jahr übrigens aus dem Regisseur Cem Kaya, der „Made in Germany“-Regisseurin Anta Helena Recke, der Regisseurin, Schriftstellerin und Schauspielerin Nele Mueller-Stöfen sowie der Missy-Magazine-Redakteurin Rayén Garance Feil zusammen.

In der Folge finden sich Empfehlungen aus dem Programm.

WANDER TO WONDER

WANDER TO WONDER © Miyu Distribution
WANDER TO WONDER © Miyu Distribution

Darum geht es:
Der Kultregisseur von der Kultserie WANDER TO WANDER ist plötzlich verstorben und lässt die drei kleinen Menschlein Mary, Billybud, und Fumbleton hilflos (und vor allem ohne Nahrung) zurück. Also tun sie das, was sie am besten können: Sie nehmen neue Folgen auf, für eine imaginierte Fangemeinschaft.

Was du zum Film wissen musst:
Nostalgie, Verlust – und die produktive Kraft des Weitermachens: Der Stop-Motion-Film WANDER TO WONDER verhandelt in seinem immer absurder werdenden Plot eine ganze Menge Themen. Hinzu kommt eine unglaubliche Liebe fürs Detail, für die kleinste Veränderung der Mimik musste das gesamte Gesicht der kleinen Puppen ausgetauscht werden. Der unglaublich charmante, warmherzige und lustige WANDER TO WONDER hat Regisseurin Nina Gantz eine BAFTA-Nominierung und einen Platz auf der Oscar-Short-List beschert. Toby Jones (siehe Strickland!) spielt übrigens Fumbleton.

Termin beim 18. British Shorts
29.1., 20 Uhr, City Kino Wedding (Animation Special & Audience Award Ceremony)

RAY INCIDENT: INCIDENT 38 – STRANGE ACTION AT A DISTANCE (Musikvideo)

Darum geht es:
Robert Morgan hat erneut zugeschlagen. Der Meister der schön ekelhaften, blutig-ejakulierenden Stop-Motion hat ein kleines Video zu einem experimentellen Song von Ray Incident gestaltet. Ein Pärchen sitzt im Wohnzimmer und betrachtet so lang die Zeichnungen des verschwundenen Kindes, bis sich ein Loch in der Wand bildet, aus dem schlussendlich die körperfressenden Alienwürmer kriechen. Eh klar, oder?

Was du zum Film wissen musst:
Robert Morgan kreiert mal wieder eine in sich völlig glaubhafte, irre und angsteinflößende Welt, in der ganz eigenen Regeln zu gelten scheinen. Und doch blitzt hier ein klassisches Filmthema durch: Der Verlust des Kindes, der unbearbeitet quasi zur Selbstauflösung im Verlust führt. Wie immer unsagbar konsequent und hier auch zeitweise psychedelisch in Szene gesetzt.

Termin beim 18. British Shorts
Samstag, 25.1., 23.30 Uhr, Sputnik Kino 1 (Midnight Movies 18+)

DAMMI

Darum geht es:
Ein Mann kommt aus London in seine Geburtsstadt Paris zurück, um seinen Vater wiederzufinden, zu dem es nie wirklich Kontakt gab. Seine Sprachlosigkeit – er spricht kein Französisch – konfrontiert ihn mit seiner Heimatlosigkeit und Entwurzelung. Erst die Begegnung mit einer schönen Frau, die ebenfalls algerische Wurzeln hat, kann zur Katharsis führen.

Was du zum Film wissen musst:
DAMMI ist überaus ästhetisch und auf hohem Produktionsniveau inszeniert; Realität, Traum und Projektionen gehen dabei unaufhörlich ineinander über. Dabei spielen auch Tanzchoreografien eine große Rolle und Unterwasseraufnahmen. Bei so viel überbordender Symbolik und gewollter Relevanz ist es schlussendlich Riz Ahmed und seinem großen Charisma zu verdanken, dass DAMMI nicht vollends in verlaberten Traumakitsch abgleitet. Schön anzusehen bleibt DAMMI aber allemal.

Termin beim 18. British Shorts
Donnerstag, 23. Januar, 20 Uhr, City Kino Wedding (Festival Opening & Live Show)

COLD MERIDIAN

COLD MERIDIAN © Peter Strickland
COLD MERIDIAN © Peter Strickland

Darum geht es:
Bei Autonomous Sensory Meridian Response handelt es sich um ein entspannendes Gefühl, das von vielen als Kribbeln wahrgenommen wird, wenn sie bestimmte Geräusche hören. Damit startet COLD MERIDIAN: Einer Frau werden die Haare gewaschen, eine andere schaut ihr wie hypnotisiert zu. Später sortiert die Haarwaschfrau geräuschvoll Negative, die Zuschauerin schaut auch hier. Zwischendrin sind dokumentarische Aufnahmen zu sehen, die ein tanzendes Paar zeigen, das auch mal miteinander leidenschaftlich nackt am Boden ringt.

Was du zum Film wissen musst:
Voyeurismus auf audiovisueller Ebene, damit spielt Strickland in COLD MERIDIAN. Schließlich sind die Töne derart hochgesteuert, das eigentlich nicht von einem objektiv angenehmen Geräusch zu sprechen wäre. Und schauen die Zuschauer*innen nicht auch etwas zu entrückt? Der Tanz des Paares changiert jedenfalls zwischen Lust und Aggression.

Termin beim 18. British Shorts
28. Januar, 20 Uhr, City Kino Wedding („The Hypnotic Explorations of Peter Strickland“)