„Alle Katzen sind grau“ von Savina Dellicour



Die Handlung des bedächtig inszenierten Gesellschaftsdramas bleibt weitgehend überschaubar, in großen Teilen voraussehbar. Zum Schluss wird der Zuschauer von einer düsteren Wendung überrascht, die bei den Figuren eine wenig überzeugende Reaktion hervorruft. Doch die Irritation kann auch an der grundsätzlich lakonischen Erzählweise von Dellicour liegen. Auf inhaltlicher Ebene bietet der Film nur wenig Originelles. Das Hauptthema bespricht das Verhältnis zwischen Kindern und Eltern und die Bedeutung, die dabei eine leibliche Verwandtschaft spielt. Dellicour ergreift Partei für die Wichtigkeit einer emotionalen Bindung im Gegensatz zu einer rein genetischen. Damit rennt sie zweifelsohne bei vielen offene Türen ein.

Formal entscheidet sich Dellicour für einen unprätentiösen Inszenierungstil und einer Kameraführung, die sich nahe an den Protagonisten hält. Das Kleinstädtische des Stadtrands Brüssels, in dem der Film offenbar gedreht wurde, kommt gut zur Geltung, die Ansichten auf die langen Straßen, grauen Wohnblöcke und kargen Parks drücken die gleiche Langeweile aus, der Dorothy und ihre Freundin um jeden Preis mit ihrem – allerdings klischeehaften – Rebellentum entgehen wollen.

Manon Capelle hat in „Alle Katzen sind grau“ ihre erst große Rolle inne, die sie recht überzeugend ausfüllt. Bouli Lanners („Eldorado„, 2008; „Kleine Riesen„, 2011, für beide Filme auch Regie und Drehbuch; und durch seine Singeinlage in „Aaltra„, 2004, zum Kultdarsteller geworden) wird hier gegen sein übliches Rollenprofil eingesetzt, ist aber durch seine charismatische Präsenz ein Gewinn für den Film.

Teresa Vena

Alle Katzen sind grau“ („Tous les chats sont gris„), Regie: Savina Dellicour, DarstellerInnen: Bouli Lanners, Manon Capelle, Anne Coesens, Dune de Braconier, Alain Eloy

1 2