70. Berlinale: „Welcome to Chechnya“ von David France – Panorama-Publikumspreis Dokumentarfilm und Amnesty International Filmpreis



Der Film folgt mehreren Aktivisten, die versuchen, Betroffenen zu helfen, indem sie ihnen Asyl in einem anderen Land organisieren oder sie in sichere Unterkünfte bringen. Der Anruf einer jungen Frau führt beispielsweise vor, dass sie von ihrem Onkel erpresst wird. Wenn sie nicht mit ihm schläft, denunziert er sie bei der Polizei, weil er herausgefunden hat, dass sie lesbisch ist. Ein anderer junger Mann hat die Bekanntschaft mit der Polizei bereits gemacht. Er wurde in einem Gefängnis gefoltert, glaubte er müsse sterben. Mit seinem Freund und seiner Familie will er nach Kanada auswandern. Auf sensible und nicht-sensationalistische Weise fängt die Kamera diesen Weg ein. Das Bangen, die Ohnmacht und auch die Wut zur Flucht gezwungen zu werden, spiegelt sich in den Gesichtern ab, ohne dass viele Worte der Erklärung dafür notwendig wären.

An mehreren Stellen glaubt sich der Zuschauer in einem Kriminal- und Spionagefilm. Tarnung, Ausweich- und Ablenkungsmanöver, Verstecken und Flucht gehören zum Alltag vieler Menschen, die einer willkürlichen Gewaltandrohung ausgesetzt sind. Die Dichte des Films gibt einen Rhythmus vor, der die Anspannung des Zuschauers zusätzlich steigert und ihm einen physischen Schmerz zufügt. Diesen wieder abzuschütteln, scheint unmöglich. Ohne sentimental zu sein oder das Gefühl zu erwecken, opportunistisch-tendenziös vorzugehen, bezieht „Welcome to Chechnya“ Position, und zeigt vor allem eines klar, Fanatismus folgt keiner Logik.

Teresa Vena

Welcome to Chechnya„, Regie: David France

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