71. Berlinale: JESUS EGON CHRISTUS von David Vajda und Saša Vajda
Zungenbrecher, Psychose.
Das geht ja nicht so einfach, übers Wasser laufen. Dafür braucht man doch ein Boot an den Füßen. Wo Egon Recht hat, hat er Recht. David und Saša Vajdas Drama JESUS EGON CHRISTUS, das auf der 71. Berlinale in der Perspektive Deutsches Kino läuft, kombiniert fiktionale und dokumentarische Formen. Dabei sticht der Hybridfilm durch feinfühlige Charakterdarstellungen heraus, die auf stereotype Zuschreibungen verzichten.
In einer evangelikalen Lebenshilfe trifft Vajdas Hauptfigur Egon auf eine Gruppe Heroinabhängiger auf Entzug. Und auf Jesus. Egon leidet an einer Psychose und ist ein sympathischer Sonderling. Oft setzt er Sätze immer wieder neu an, steigert sich mit verschiedenen Intonationen hinein in das Gerüst eines Satzes, hält sich daran fest. Ein Pastor ermahnt ihn dann zur Zügelung, etwa beim Suppelöffeln am dunklen Abendbrotstisch.
Der Pastor, der eine erniedrigende Autorität ausstrahlt, ist der Strippenzieher des religiösen Zusammenbunds. Er spielt den zur Einsicht gekommenen Messias, der Menschen mit Suchtproblemen und geistigen Behinderungen retten will. Tatsächlich hat er den gleichen Hintergrund wie die Suchtabhängigen. Er hatte ein Drogenproblem. Die Vajda-Brüder programmieren mit seiner ähnlichen Vergangenheit einen cleveren narrativen Schachzug, der eine Kritik an einem Machtgefälle aufmacht. Der narzisstische Pastor erniedrigt, klärt auf und fühlt sich erhaben, angetrieben durch seinen Glauben an Gott. Doch kann er Egon nicht helfen, auch nicht mithilfe von Jesus. Egon ist allein gefangen in seiner Psychose.
Schnell wird klar, dass Egons Integration in die Gemeinde schwierig wird. Egon, der an Harmony Korines Figur Solomon aus dem Film GUMMO erinnert, leidet unter Schlaflosigkeit. Er weigert sich an anfallender Arbeit teilzunehmen und versucht Jesus‘ verbrachte Wunder zu begreifen, was ihm nicht gelingt.