„Adam und Evelyn“ von Andreas Goldstein und Jakobine Motz
Inszeniert haben Goldstein und Motz den Film bewusst entschleunigt. Die Kamera ist statisch und ruhig, für den Zuschauer sorgt dies für ein entspanntes Seherlebnis. Gleichzeitig fordert ihn das Tempo des Films, denn es stellt sich entschieden gegen die aktuellen Sehgewohnheiten. Fast entsteht das Gefühl, dass mit jeder Szene der Versuch gemacht wurde, auszureizen, wie lange einer in Bewegungslosigkeit verharren kann. Ein paar Längen müssen dadurch in Kauf genommen werden. Die Figuren erinnern in ihrer statuarischen Spielweise an ähnlich inszenierte Protagonisten bei Bresson oder Kaurismäki. Insbesondere Florian Teichtmeister als Adam wirkt dabei trotzdem authentisch, bei Evelyn alias Anna Kunis ist eine gewisse Künstlichkeit eher zu spüren. Vielleicht mischen sich in die Beurteilung auch subjektivere Erwägungen, die eine Identifikation eher mit dem einen oder anderen Charakter zulassen. Adams Gelassenheit wirkt klug und anziehend, genauso seine Leidenschaft für seinen Beruf. Nur selten ergreift er das Wort, doch seine Antwort auf die Bemerkung seines Nebenbuhlers beispielsweise, der von der großen weiten Welt schwärmt, bezwingt durch ihre Einfachheit: Er sehe immer etwas Neues und müsse dafür seinen Garten nicht verlassen.
Adams Garten spielt eine wichtige Rolle im Film. Er steht stellvertretend für die Gesellschaft, in der sich Adam wohl fühlt. Hier muss er nicht in Konkurrenz mit anderen treten. Die Konnotation mit dem Urpaar Adam und Eva drängt sich ebenfalls auf. Es ist Eva/Evelyn, die unzufrieden ist, und durch die Sehnsucht nach Ungewissem die Vertreibung aus dem Paradies verschuldet. Die Gleichsetzung Paradies und DDR wäre aber zu simpel. Der Film zeichnet sich gerade dadurch aus, dass er kein einseitiger Lobgesang auf die DDR ist und ihre Ambivalenz herausstellt. Dramaturgisch läuft „Adam & Evelyn“ zum Ende hin zu Hochform auf. Die Szene mit Bernard Schütz als Beamter des westdeutschen Verfassungsschutzes, der Evelyn über ihre Beweggründe und die Umstände der Übersiedlung befragt, resümiert den Film auf ironische Weise.
Teresa Vena
„Adam & Evelyn„, Regie: Andreas Goldstein mit Jakobine Motz, Darsteller: Anna Kunis, Florian Teichtmeister, Lena Lauzemis, Susanne Bredehöft, Milian Zerzawy, Kinostart: 10. Januar 2019